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Ernst von Bergmann bei einer Amputation (Leipziger Illustrierter Zeitung vom 23. Mai 1891)

„Charité“ in der ARD: "Dr. House" trifft die "Buddenbrooks"

20.04.17 – Arno Frank nannte in seiner Rezension für den Spiegel die gerade abgeschlossene Historienserie „Charité“ der ARD eine Mischung aus der amerikanischen Krankenhausserie „Dr. House“ und Thomas Manns Literaturklassiker „Die Buddenbrooks“. Die erfolgreiche deutsche Serie zeichnet ein Bild der Medizin um 1900.

Sie spielt im Jahr 1888 an der Berliner Charité, dem Schaffensort von gleich drei späteren Medizin-Nobelpreisträgern: Emil von Behring, Robert Koch und Paul Ehrlich. Eine öffentliche Vorlesung des Institutes für Geschichte, Theorie und Ethik in der Medizin des Universitätsklinikums Düsseldorf beschäftigte sich nun mit den Fragen, welche Aspekte der Serie historisch belegt sind und wie die Medizin sich um 1900 tatsächlich entwickelt hat.

Am Mittwoch, den 19. April 2017 – ein Tag nach der Ausstrahlung der letzten Folge der Serie – erfuhren die Zuhörer im gut besuchten Hörsaal von Prof. Dr. Heiner Fangerau, Direktor des Institutes für Medizingeschichte, neue Aspekte über die in der Serie zentrale Beziehung zwischen dem berühmten Pathologen Rudolf Virchow und dem nicht weniger berühmten Bakteriologen Robert Koch. Am Beispiel eines Filmausschnittes aus einem nationalsozialistischen Propaganda-Spielfilm konnte Prof. Fangerau zeigen, dass die bereits häufig medial dargestellte Beziehung der Beiden stets eine politische Komponente beinhaltet: Virchow als Symbolbild für das Konservative und dem Glauben, dass Krankheiten auf einen inneren Zerfall beruhen. Ihm gegenüber Koch, der als Krankheitsauslöser den Angriff durch Bakterien von außen vertrat – passend für das nationalsozialistische Regime, das stets vor Angriffen von außen auf den Volkskörper warnte.

Dr. Anne Oommen-Halbach sprach über die heute fast vergessene Krankheit Diphtherie, an der vor 100 Jahren insbesondere Kleinkinder sehr häufig verstarben. Zentrale Figur der Serie und ihres Vortrages war Emil von Behring. Er wird aufgrund seiner erfolgreichen Diphtherie-Therapie auch heute noch häufig „Retter der Kinder“ genannt und seine Forschung wurde – ähnlich wie bei Koch – unter den Nationalsozialisten politisch instrumentalisiert. Im Anschluss sprach Dr. Matthis Krischel über die Schwierigkeiten von Frauen in der akademischen Medizin vor hundert Jahren – im Film illustriert durch die fiktive Hauptfigur Ida Lenze, die zunächst als Hilfsschwester an der Charité arbeitet und sich am Ende der Staffel für ein Medizinstudium in der Schweiz entscheidet.

Dr. Friedrich Moll schloss die Vorträge ab mit einem Beitrag über den tatsächlichen Arbeitsalltag an der Berliner Charité um 1900 und ihren weiteren berühmten Chirurgen Ernst von Bergmann, welcher in der Serie nur eine Nebenfigur darstellt. Moderiert wurde die Veranstaltung von Dr. Nils Hansson, der auch die Idee zur Vorlesung hatte. Der Abend endete mit einer Fragerunde des interessierten Publikums und dem Ausblick, bei einer weiteren Staffel der Serie erneut eine öffentliche Vorlesung organisieren zu wollen.

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