Glykogenosen


Definition 

Die Gruppe der Glykogenosen bezeichnet verschiedene Krankheiten, die die Produktion oder den Abbau von Glykogen (eine Speicherform des Zuckermoleküls Glukose) in der Leber oder in der Muskulatur betreffen.


Ätiologie/Pathogenese 

Ursache des Glykogenosen sind Mutationen in Genen, die für Enzyme des Glykogenstoffwechsels kodieren. Insgesamt sind 11 verschiedene Erkrankungen bekannt. Je nach Erkrankung und Lokalisation des Enzyms (Leber oder Muskel) können die Symptome sehr unterschiedlich sein. Bei Glykogenosen der Leber kann im Nüchternzustand der Blutzuckerspiegel nicht aufrechterhalten werden, da der Zucker Glukose nur ungenügend aus seiner Speicherform freigesetzt werden kann. Weitere Stoffwechselveränderungen sind erhöhte Blutfette (Hypertriglyceridämie) oder erhöhte Harnsäurespiegel (Hyperurikämie) sowie eine Übersäuerung des Bluts (metabolische Azcidose) durch vermehrte Produktion von Milchsäure (Laktat). Die vermehrte Speicherung von Glykogen führt zu einer Größenzunahme der Leber, selten auch zur Leberzirrhose und zum Leberversagen. Bei Glykogenosen des Muskels tritt durch die im Laufe des Lebens zunehmende Glykogenspeicherung eine Muskelschwäche auf. 


Symptome/Klinik 

Patienten mit Glykogenosen der Leber fallen im Neugeborenen- und Kleinkindalter mit Unterzuckerungen (Hypoglykämien) im Nüchternzustand sowie durch eine vergrößerte Leber auf. Die Ausprägung und das Fortschreiten der Symptome ist je nach Typ der Gykogenose verschieden. Bei Glykogenose Typ I bleibt die Neigung zu Unterzuckerungen lebenslang vorhanden. Zusätzlich treten im Laufe des Lebens oft Adenome (gutartige Geschwülste der Leber mit Neigung zum Leberkrebs) und eine eingeschränkte Nierenfunktion auf. Bei der Glykogenose Typ IV und IX bildet sich die Neigung zur Unterzuckerung oft bis zum Erwachsenenalter zurück, nur selten tritt eine schwere Lebererkrankung (Leberzirrhose) auf. Bei Glykogenose Typ IV schreitet die Erkrankung in der Regel schon im Kindesalter zur Leberzirrhose fort und macht eine Lebertransplantation notwendig. Patienten mit Glykogenose Typ Ib weisen zusätzlich eine Funktionsstörung der Leukozyten (weiße Blutkörperchen) auf, die zu schweren Infekten von Haut, Schleimhäuten des Mundes und des Afters, der Atemwege und der ableitenden Harnwegen führt. Viele dieser Patienten haben zusätzlich eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung. Patienten mit Glykogenosen des Muskels (Typ II, V, und VII sowie manche Patienten mit Typ III und VI) bilden je nach Erkrankung in verschiedenem Alter eine Muskelschwäche und oder belastungsabhängige Muskelschmerzen auf.


Therapie

Bei Patienten mit Unterzuckerungen im Nüchternzustand steht die Aufrechterhaltung eines normalen Blutzuckerspiegels im Vordergrund. Hierzu müssen in zwei bis dreistündlichen Abständen kohlenhyratreiche Mahlzeiten verabreicht werden. Der Blutzucker muss mehrfach täglich kontrolliert werden. Nachts muss die Kohlenhydratzufuhr durch Gabe von Speisestärke alle 4-5 h oder durch pumpengesteuerte Gabe eines Stärkeabkömmlings (Maltodextrin) über eine Magensonde sichergestellt werden. Die Unterbrechung der Kohlenhydratzufuhr kann lebensbedrohlich sein, da der Organismus bei diesen Patienten eine Unterzuckerung krankheitsbedingt nicht ausgleichen kann. Bei fehlender Nahrungsaufnahme (z. B. vor Operationen) muss eine Zuckerinfusion (Glukose) verabreicht werden. Verschiedene Zuckerarten (Fruktose, Haushaltszucker, Milchzucker sowie Galaktose) müssen weitgehend gemieden werden, das sie aufgrund der Stoffwechselstörung eine Übersäurerung (metabolische Azidose) des Blutes durch erhöhte Milchsäurebildung auslösen können. Erhöhte Harnsäurewerte (Hyperurikämie) oder Blutfettwerte (Hypertriglyceridämie) müssen ggf. zusätzlich medikamentös behandelt werden. Bei Glykogenose Typ Ib muss nach schweren Infekten und bei chronisch entzündlicher Darmerkrankung eine Therapie mit einem Wachstumsfaktor für weiße Blutkörperchen (Granulozyten-stimulierender Faktor, G-CSF) erfolgen. Das Auftreten einer Nierenerkrankung oder Leberzirrhose erfordert eine zusätzliche medikamentöse Therapie und kann in einzelnen Fällen eine Leber- und Nierentransplantation erforderlich machen. Patienten mit Glykogenosen der Leber sollten alle 6 Monate in einer Spezialambulanz für Stoffwechselkrankheiten untersucht werden

Bei Patienten mit Muskelglykogenosen existiert eine spezifische Therapie (Enzymersatztherapie mit dem Präparat Alglucosidase alfa) bei der Glykogenose Typ II (M. Pompe). Die Therapie erfolgt als Infusion alle 2 Wochen und muss lebenslang erfolgen. Für Glykogenosen Typ V und VII sowie Formen von Glykogenose Typ III und IV mit Muskelbeteiligung gibt es bisher keine spezifische Therapie. Bei Patienten mit Glykogenosen mit möglicher Muskelbeteiligung sollte auch die Untersuchung des Herzen erfolgen, da Glykogen auch im Herzmuskel abgelagert werden und dadurch eine Herzerkrankung auslösen kann (z. B. hypertrophe nicht-obstruktive Kardiomyopathie).


Links: 

Arbeitsgemeinschaft für angeborene Stoffwechselstörungen in der Inneren Medizin (ASIM):www.asim-med.de

Selbsthilfegruppe Glykogenose e.V.: www.glykogenose.de

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