Mögliche therapeutische Perspektive für Ebselen bei COVID-19 und anderen viralen Atemwegsinfektionen

Helmut Sies und Mike J. Parnham

Ebselen ist eine selen-organische Verbindung, die Hydroperoxide, Peroxynitrit und Hypochlorit entgiften kann. Ebselen reagiert mit einer Vielzahl von Thiolresten in Proteinen und übt pleiotrope antivirale, antibakterielle und anti-inflammatorische Wirkungen in experimentellen Modellen aus. Die Haupt-Protease (Mpro) des Coronavirus SARS-CoV-2 ist für die Virus-Replikation in der Zelle erforderlich.  In einem Screen von über 10000 Substanzen fanden kürzlich chinesische Wissenschaftler, dass Ebselen dieses Zielmolekül Mpro am effektivsten hemmte, und klinisches Potential für die Behandlung bei COVID-19 wurde vorgeschlagen (Jin, Z., et al (2020) Nature 582, 289-293).

Ebselen wurde hier an der HHU im (heutigen) Institut für Biochemie und Molekularbiologie I als GSH-Peroxidase-Enzym-Mimetik erstmals beschrieben (Müller, A., et al (1984) Biochem. Pharmacol. 33, 3235-3239).  Über die Hemmung von Mpro hinaus kann Ebselen für die Pathogenese von COVID-19 von Interesse sein, da es in Entzündungsmodellen Cytokine, Interleukin-6, und Neutrophile günstig beeinflusste. Die Verläufe der Lungenentzündung („cytokine storm“) und von Thrombosen könnten somit abgemildert werden.

Der Stand der Forschung zu Ebselen wurde zusammengefasst (1) und steht unter  https://authors.elsevier.com/a/1bK1F3AkHATbNx zur Verfügung.

An diesem Beispiel zeigt sich erneut, dass Erkenntnisse aus der biochemischen Grundlagenforschung für spätere medizinische Anwendungen wichtig werden können.

(1) Sies, H., Parnham, M.J. (2020) Potential therapeutic use of Ebselen for COVID-19 and other respiratory viral infections. Free Rad. Biol. Med. doi: 10.1016/j.freeradbiomed.2020.06.032.

Kontakt: Helmut Sies, Institut für Biochemie und Molekularbiologie I, sies@hhu.de

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