Hemmkörper-Hämophilie - was ist das?

Bluterpatienten mit Hämophilie A oder B werden heute in der Weise behandelt, dass man den fehlenden Gerinnungsfaktor VIII (Hämophilie A) bzw. IX (Hämophilie B) ersetzt (Substitution). Hierzu stehen Faktor VIII- bzw. Faktor IX-Konzentrate zur Verfügung, die entweder aus dem Plasma gesunder Spendefreiwilliger isoliert und angereichert (Plasma-Präparate) oder gentechnologisch hergestellt werden (rekombinante Präparate). Problem und damit Komplikation der Hämophilie-Behandlung kann nun sein, dass einzelne Patienten Abwehrstoffe (Hemmkörper) gegen das verabreichte Gerinnungsfaktor-Konzentrat bilden. Folge ist, dass die Substitutionstherapie unwirksam wird und betroffene Patienten wieder blutungsgefährdet sind. Dies stellt verständlicherweise eine schwer wiegende Komplikation dar. Erfreulicherweise gelingt es aber, durch aufwändige Behandlungsverfahren das Abwehrsystem des Bluterpatienten wieder an den verabreichten Faktor VIII bzw. IX "zu gewöhnen" (Immuntoleranz-Therapie) und das entstandene Dilemma abzuwenden.

Erworbene Hemmkörper-Hämophilie ist heilbar.

Eine sehr seltene, gleichwohl besonders gefürchtete, da lebensbedrohliche Blutungskomplikation, hat ihre Ursache darin, dass ein bis dato "gerinnungsgesunder" Patient plötzlich Abwehrstoffe gegen einen körpereigenen Gerinnungsfaktor, vornehmlich den Faktor VIII, bildet. Hierbei handelt es sich um eine erworbene Hemmkörper-Hämophilie, die zu spontan auftretenden, ausgedehnten Einblutungen in Weichteile (Muskulatur), Gelenke oder innere Organe führt. Solche Patienten bieten das Bild eines unbehandelten Bluterpatienten mit angeborener Hämophilie A, stellen deshalb einen Notfall dar und machen rasches, zielgerichtetes ärztliches Handeln erforderlich. Dies betrifft gleichermaßen Diagnostik, Soforttherapie und Anschlussbehandlung. Hier sind wir als Gerinnungsspezialisten und Hämotherapeuten in Kooperation mit unseren ärztlichen Partnern anderer Fachdisziplinen gefordert.

Erfreulicherweise gelingt es uns heute, bei nahezu allen Patienten die lebensbedrohlichen Blutungskomplikationen abzuwenden (Soforttherapie) und den ursächlich verantwortlichen Hemmkörper durch aufwendige Kombinationsbehandlung  (Immunsuppression, Immunadsorption, Immuntoleranzinduktion, Substitutionstherapie) zu unterdrücken und schließlich ganz zu eliminieren. Die Erfolgsrate liegt heute bei über 90 Prozent, so dass nahezu alle Patienten mit erworbener Hemmkörper-Hämophilie wieder geheilt werden können.

Diese Beispiele unterschiedlich häufiger, unterschiedlich schwer wiegender und daher unterschiedlich bedrohlicher Ursachen von Blutungsneigung und Blutungskomplikationen machen deutlich, dass es ein gut trainiertes, erfahrenes Team aus Ärzten und Pflegekräften in spezialisierten Behandlungseinrichtungen braucht, um die betroffenen Patienten angemessen versorgen zu können. Hierzu haben wir ein "Hemophilia Comprehensive Care Center" am Universitätsklinikum Düsseldorf (UKD) aufgebaut.

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