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Fred Bovensiepen (rechts) überlebte einen Einriss seiner Hauptschlagader dank einer speziell für ihn hergestellten Gefäßprothese. Neben ihm: Dr. Artis Knapsis, stellvertretender Direktor der Klinik für Gefäß- und Endovaskularchirurgie an der Uniklinik Düsseldorf. Foto: Uniklinik Düsseldorf

Ein neues Leben dank maßgeschneiderter Gefäßprothese

Fred Bovensiepen (65) überlebte einen Einriss seiner Hauptschlagader – ein Zeichen für ihn, einige Dinge zu hinterfragen.

Düsseldorf (ukd).  928 Tage rauchfrei. Über 46.000 vermiedene Zigaretten. Und rund 15.000 Euro gespartes Geld. Mit einem gewissen Stolz mustert Fred Bovensiepen die Zahlen, die ihm seine Rauchfrei-App liefert. Und er fällt ein klares Urteil über seine Zeit als Raucher: „Ich habe Schindluder mit meinem Körper getrieben.“ Sein Umdenken hat auch mit den Geschehnissen am ersten Weihnachtsfeiertag im Jahr 2022 zu tun: „Ich habe gemütlich zu Hause auf dem Sofa gesessen. Plötzlich spürte ich einen Schlag auf Brust und Rücken. Und ich habe kaum noch Luft bekommen.“ Gleichzeitig plagten ihn höllische Schmerzen. In der Zentralen Notaufnahme der Uniklinik Düsseldorf diagnostizierte das Behandlungsteam einen Einriss an der Hauptschlagader, im sensiblen Bereich nahe dem sogenannten Aortenbogen.

 „Der Einriss betraf zum Glück nur die inneren Gefäßschichten. Platzt die Schlagader an dieser Stelle komplett, verblutet ein Patient in ein paar Minuten innerlich“, sagt Dr. Artis Knapsis, stellvertretender Direktor der Klinik für Gefäß- und Endovaskularchirurgie an der Uniklinik Düsseldorf. Erste Behandlungsmaßnahme bei Fred Bovensiepen: den Blutdruck senken und die geschädigte Stelle engmaschig kontrollieren. „Die weitere Behandlung musste zeitnah aber nicht sofort erfolgen“ so Dr. Knapsis.

Der Aortenbogen schließt sich direkt an die vom Herz aufsteigende „thorakale Aorta“ an. Abzweigungen, über die sowohl das Gehirn als auch die Arme mit frischem, sauerstoffreichem Blut versorgt werden, gehen hier ab. Die meisten Eingriffe an dieser Stelle werden in der Herzchirurgie vorgenommen – im Rahmen einer offenen Operation unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine. Das Operationsteam legt den Aortenbogen frei, ersetzt den defekten Teil durch eine Gefäßprothese, die aus einem Kunststoffgewebe besteht, und vernäht diese. 

In der Aortensprechstunde wird jeder Fall fachübergreifend diskutiert

Manchmal ist allerdings absehbar, dass diese Operation für eine Patientin oder einen Patienten zu belastend sein würde. Dann werden auch minimal-invasive Verfahren in Betracht gezogen, bei der das defekte Gefäßstück nicht ersetzt sondern mit einer speziellen Prothese von innen abgedichtet wird. Diese Eingriffe nimmt das Team der Gefäß- und Endovaskularchirurgie vor. „Die Herzchirurgen bieten gemeinsam mit unserer Klinik eine interdisziplinäre Aorten-Sprechstunde an“, sagt Dr. Knapsis. Die Sprechstunde wird von Dr. Knapsis und Prof. Dr. Markus Wagenhäuser (Gefäßchirurgie) und Dr. Mohammed Morjan (Herzchirurgie) geleitet. Abhängig von der Frage, wo der Defekt genau liegt und unter welchen Vorerkrankungen die erkrankte Person leidet, werde dann fachübergreifend die Vorgehensweise besprochen. „Wir wollen das geringste Risiko für den Patienten“ so Dr. Knapsis.

Im Fall von Fred Bovensiepen entschieden sich die Gefäßspezialistinnen und -spezialisten für einen minimal-invasiven Zugang in der Leistengegend. Von hier aus wird ein Katheterschlauch über die Schlagader bis zum Aortenbogen vorgeschoben. An der Spitze ist eine zusammengefaltete Gefäßprothese befestigt, in etwa so dick wie der kleine Finger eines Erwachsenen. Die Gefäßchirurgen steuern die genaue Platzierung der Gefäßprothese über einen „Leitdraht“, der zusätzlich über einen Zugang vom rechten Arm aus in das Gefäßsystem eingebracht wird. An der richtigen Stelle im Aortenbogen wird die Prothese dann entfaltet und fixiert – alles unter Röntgenkontrolle mit Kontrastmittelgabe. 

Maßgeschneiderte Prothese aus Japan

Weil die anatomischen Gegebenheiten dafürsprachen und Fred Bovensiepen zwar engmaschig kontrolliert aber nicht sofort behandelt werden musste, wurde für ihn eine maßgeschneiderte Gefäßprothese produziert, die von einem Hersteller in Japan stammt. „Die Gefäß- und Endovaskularchirurgie der Uniklinik Düsseldorf gehört zu den wenigen spezialisierten Kliniken, die damit arbeiten“, sagt Dr. Knapsis. Um die sogenannte Najuta-Prothese passgenau herstellen zu lassen, werden Daten aus CT-Untersuchungen nach Japan geschickt, wo mit Hilfe eines 3-D-Druckers ein Modell des Aortenbogens angefertigt wird. Sechs bis acht Wochen später steht die individuell angepasste Gefäßprothese zur Verfügung. 

Das dann folgende minimal-invasive Vorgehen ist komplex, weil während des Eingriffs weiter Blut durch die Gefäße fließt und die Versorgung zum Gehirn und zu den oberen Extremitäten nicht unterbrochen werden darf. „Die maßgeschneiderte Prothese passt sich von innen ideal in den defekten Bereich der Hauptschlagader ein und verfügt über Öffnungen an den richtigen Stellen, damit die vorhandenen Abzweigungen geöffnet bleiben“, sagt Dr. Knapsis. Wichtig sei ein optimaler Blutfluss, so dass keine Gerinnsel entstehen, die einen Schlaganfall verursachen könnten. 

In eiligeren Fällen, wenn aufgrund der Schwere des Defektes an der Schlagader sofortiger Handlungsbedarf besteht, kann das Team der Gefäßchirurgie auch auf vorproduzierte Prothesenmodelle zurückgreifen, die auf Lager und damit sofort verfügbar sind. Diese Modelle verfügen entweder über standardmäßige Öffnungen oder Abzweigungen oder können – im Ausnahmefall – auch während der Operation angepasst werden.

Für Fred Bovensiepen ist am Ende alles gut ausgegangen. „Jetzt führe ich wieder ein ganz normales Leben“, sagt er. „Mit der Uniklinik war ich zu jeder Zeit absolut glücklich und zufrieden – mit super Schwestern und Pflegern und super Ärzten.“ Der 65-Jährige achtet jetzt konsequent auf seinen Blutdruck und muss noch einmal jährlich zur Kontrolle in die Uniklinik Düsseldorf kommen. Dann wird mit Hilfe einer CT-Untersuchung überprüft, ob die Prothese noch richtig sitzt. Bisher gab es keinen Grund zur Besorgnis. Und so kann der Neu-Rentner sich auf seinen anstehenden Motorrad-Urlaub in Andalusien freuen. 

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