
Von: Susanne Blödgen
„Jetzt habe ich mein Leben wieder zurück!“: Gefäßversiegelung auf Mikroebene stoppt Arthrose-Schmerz
Arthrose-Patientin Nancy Bungert ist eine der ersten Patientinnen, die in der neuen Angiographieanlage der Radiologie am UKD betreut wurde.
Düsseldorf (ukd/sbl). Wenn jede Bewegung weh tut, verschwindet der Alltag hinter Schmerzen. Für mehr als 15 Millionen Menschen aller Altersklassen ist das in Deutschland jeden Tag Realität: Sie haben Arthrose. Schuld sind Schädigungen des Gelenkknorpels. Auch Nancy Bungert war betroffen: Schmerzen im Knie sorgten dafür, dass sie ihr bekanntes Leben vorübergehend aufgeben musste. Helfen konnte ihr eine verhältnismäßig junge Form der Schmerztherapie am Universitätsklinikum Düsseldorf (UKD). Bei der sogenannten Embolisation wird nicht die Arthrose an sich behandelt, sondern Gelenkarterien verschlossen. Die Arthrose bleibt zwar bestehen, der kleine Eingriff sorgt aber dafür, dass eine niedriggrade Entzündungsreaktion aufhört und damit der Schmerzreiz ans Gehirn unterbunden wird. Für Nancy Bungert ein absoluter Glücksgriff: Heute – acht Monate nach dem Eingriff – ist sie nahezu schmerzfrei und steht wieder mitten im Leben.
Plötzlich ist sie in ihrer Lebensqualität komplett eingeschränkt: Nancy Bungert hat Arthrose
Plötzlich schmerzt jeder ihrer Schritte. Es fühlt sich an, als wenn ihr jedes Mal ein Messer ins Knie fährt. Los gingen die Schmerzen bei Nancy Bungert vor etwa einem Jahr. Der Auslöser: Arthrose im Kniegelenk in einem schweren Stadium. Schnell werden die Knieschmerzen so stark, dass sie beim normalen Gehen Probleme bekommt: „Es wurde so schlimm, dass ich eigentlich kaum noch laufen konnte“, erinnert sich die heute 50-jährige. „Ich war immer ein sehr aktiver Mensch, der viel draußen unterwegs war. Plötzlich konnte ich nicht mehr Spazieren gehen, nicht mehr laufen. Da ist ja dann auch kein normaler Urlaub mehr möglich. Selbst Autofahren ging irgendwann vor lauter Schmerzen nicht mehr.“
Auch bei ihrer Arbeit ist sie immer mehr eingeschränkt: „Ich habe zwar trotzdem weitergearbeitet, aber eigentlich bin ich den ganzen Tag auf den Beinen. Das ging alles nicht mehr, da mussten meine Kolleginnen und Kollegen mir so viel abnehmen!“
Nancy Bungert ist in ihrer Lebensqualität so eingeschränkt, dass man zunächst überlegt, ob ihre Knie so sehr von der Arthrose geschädigt sind, dass sie einen künstlichen Knieersatz benötigt. Aufgrund ihres geringen Alters entscheidet man sich aber dagegen. Von ihrem niedergelassenen Arzt erfährt sie von der Embolisation und stellt sich in der Interventionellen Radiologie an der Uniklinik Düsseldorf vor. Ihr behandelnder Arzt, Prof. Dr. Peter Minko, sieht hier die Erfolgschancen zunächst bei rund 20 Prozent. Aufgrund der hohen Einschränkungen im Alltag entschließt man sich aber dennoch den Eingriff durchzuführen. Er wird ein absoluter Erfolg.
Volkskrankheit Arthrose: Eine der häufigsten Ursachen für chronische Schmerzen
„Bei der Arthrose kann man wirklich von einer Volkskrankheit sprechen, weil unglaublich viele Menschen betroffen sind. Sie ist eine degenerative Gelenkerkrankung des Muskel-Skelettsystems, wobei der glatte Gelenkknorpel verschleißt und sich die umliegenden Strukturen, wie Knochen, Bänder und Muskeln entzünden und dauerhaften Schaden nehmen können“, erklärt Prof. Dr. Peter Minko. Er ist Leiter der interventionellen Radiologie am Universitätsklinikum Düsseldorf und führt die minimalinvasive sogenannte TAPE-Methode (Transarterielle periartikuläre Embolisation) durch, um Menschen mit Arthroseschmerzen zu helfen – und dass bei Patientinnen und Patienten in jedem Alter. „Verschleiß kann in jedem Alter auftreten. Er ist eine der häufigsten Ursachen für chronische Schmerzen und die daraus folgende eingeschränkte Beweglichkeit.“
Je nach Schweregrad der Schädigung und der Stärke der Schmerzen behandelt man die Arthrose mit Physiotherapie, Medikamenten oder auch mit einer Operation. Hier kann zum Beispiel ein künstlicher Gelenkersatz – wie eine Kniegelenksprothese – eingesetzt werden. Bei Nancy Bungert entschloss man sich interdisziplinär mit den Kollegen der Orthopädie und Unfallchirurgie rund ums Team von Prof. Dr. Uwe Maus (Kommissarischer Klinikdirektor der UKD-Klinik für Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie), aufgrund ihres jungen Alters dagegen und stattdessen für eine sogenannte Embolisation.
„Bei der Embolisation werden kleinste Gelenkarterien, die die Gelenkschleimhaut versorgen, zielgenau verschlossen. Dafür identifizieren wir die betroffenen kleinen Gefäße mittels Kontrastmittel ganz genau und spritzen an der entsprechenden Stelle dann ein Medikament, welches die Gefäße auf Mikroebene verschließt“, erklärt Prof. Minko. Da es sich um einen minimal-invasiven Eingriff handelt, wird der Eingriff ambulant durchgeführt. Bei älteren Patientinnen oder Patienten mit relevanten Nebenerkrankungen kann ein kurzer Krankenhausaufenthalt von nur einer Übernachtung zur Überwachung nötig sein.
„Die Patientinnen und Patienten sind in der Regel sofort wieder fit und müssen nur zwei Tage auf Sport verzichten. Mit der Embolisation verringern wir die Entzündungsreaktion, welcher durch den Schaden oder die Reizung entstanden ist. Der Knorpelschaden ist immer noch vorhanden und wird nicht behoben. Durch den Eingriff sorgen wir aber dafür, dass die sensorische Schmerzweiterleitung vom Gelenk ans Gehirn unterbunden wird. Das Ziel dieses kleinen Eingriffs ist es, die Funktionalität des Gelenks wieder zu verbessern, so dass Sie wieder in Bewegung kommen und an ihrer Muskelkraft, Stabilität und Flexibilität arbeiten können.“
Seit Herbst 2024 im Einsatz: Neue Angiographie-Anlage ermöglicht hochmoderne Darstellung der Gefäße
Durchgehführt wurde der Eingriff, der nur etwa eine Stunde dauert, in der neuen Angiographieanlage der Radiologie an der Uniklinik Düsseldorf. Sie wurde im Oktober 2024 in Betrieb genommen. „Bei der Angiographie fertigen wir über einen dünnen Katheter – nur einen halben Millimeter im Durchmesser – zunächst ein Röntgenbild ohne Kontrastmittel an. Dann wird ein solches Kontrastmittel in die Gefäße eingespritzt und eine weitere Röntgenaufnahme erstellt. Der Computer kann dann beide Aufnahmen quasi von einander abziehen und wir bekommen eine Aufnahme, wo nur noch die Gefäße sichtbar sind - auch bekannt als Digitale-Subtraktions-Angiographie. Dank diesem Bild wissen wir millimetergenau, wo wir die Embolisation durchführen müssen. Das sorgt für einen besonders schonenden Eingriff für die Patientinnen und Patienten“, erklärt Prof. Minko den Vorgang. Die Aufnahmen entstehen simultan während des Eingriffs in der Radiologie.
„Das ist für uns natürlich ein unglaublicher Vorteil. Wir wissen zu jedem Zeitpunkt genau, wo wir in den Gefäßen sind und wo wir hinmüssen. Für die Patientinnen und Patienten, die in der Regel nur lokal betäubt sind, ist das natürlich auch total spannend, weil sie live zuschauen können und somit kein Risiko einer Vollnarkose haben.“ Eingesetzt wird die Angiographieanlage von A wie der Arthrosetherapie bis zu Z bei der Zytostatikertherapie.
Dank der Embolisation: „Ich habe mein Leben wieder zurück!“
Nancy Bungert ist froh, dass sie den Eingriff machen ließ: „Ich war so in meinem Leben eingeschränkt. Wenn man keinen Schritt ohne Schmerzen machen kann, wird alles einmal auf den Kopf gestellt und das Leben, dass man vorher gelebt hat, ist erst einmal weg. Jetzt habe ich ab und an noch kleinere Probleme im Knie. Die sind aber so unerheblich und ich bin die meiste Zeit schmerzfrei, dass ich wieder leben kann wie vor meiner Arthrosediagnose. Das ist ein unglaubliches Gefühl. Dank des kleinen Eingriffs an der Uniklinik Düsseldorf kann ich sagen: Jetzt habe ich mein Leben wieder zurück!“
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