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TIPSS-Interventionen erfolgen an der Uniklinik Düsseldorf im interdisziplinären Team: (von links) Dr. med. Eric Tietz (Oberarzt, Diagnostische und Interventionelle Radiologie), Dr. med. Anselm Kunstein (Funktionsoberarzt Gastroenterologie, Hepatologie, Infektiologie), Prof. Dr. med. Peter Minko (Ltd. Arzt Interventionelle Radiologie und minimalinvasive Therapie, Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie), Dr. med. Carolin Lohr (Gastoenterologie, Hepatologie, Infektiologie), Dr. med. Christian Weigel (Gastroenterologie, Hepatologie, Infektiologie), Dr. med. Veronica Jahr (Gastroenterologie, Hepatologie, Infektiologie), Prof. Dr. med. Johannes G. Bode (Stv. Direktor der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie), PD Dr. med. Sebastian Daniel Reinartz (Ltd. Arzt Kardiovaskuläre Bildgebung, Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie).

Leberzirrhose: „Umgehungsstraße“ löst Blutstau auf

An der Uniklinik Düsseldorf konnten erstmals über 100 Patientinnen und Patienten innerhalb eines Jahres mit einer sogenannten TIPSS-Intervention behandelt werden.

Düsseldorf (ukd/joe).  Bei Patientinnen und Patienten mit Leberzirrhose staut sich das Blut vor der Leber, was zu einem zu hohen Blutdruck im sogenannten Portalvenenkreislauf führt. Mögliche Folgen: Venen im Bereich des Magens oder der Speiseröhre bilden Umgehungskreisläufe und weiten sich massiv auf. Es bilden sich Krampfadern (Varizen) und mit Zunahme derselben steigt das Risiko für lebensgefährliche Blutungen beträchtlich. Zudem kommt es im Verlauf zum Austreten von Wasser in die Bauchhöhle (Aszites). Um dem zuvorzukommen, gibt es die Möglichkeit, im Rahmen eines minimal-invasiven Eingriffs eine Verbindung von der Lebervene (Abfluss des Blutes aus der Leber) zur Portalvene (Zufluss des Blutes aus Magen-Darmtrakt und Milz zur Leber) zu schaffen, damit das Blut abfließen kann. Das Verfahren nennt sich TIPSS – Transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Stent-Shunt. An der Uniklinik Düsseldorf (UKD) wird dieser Eingriff seit mehr als 20 Jahren mit zunehmender Häufigkeit durchgeführt und erfolgte im vergangenen Jahr erstmals in über 100 Fällen, um Patientinnen und Patienten auf diese Weise zu helfen.

Wer an Leberzirrhose erkrankt, ist bei weitem nicht zwangsläufig über Jahre hinweg alkoholabhängig gewesen. Dieser Irrglaube hält sich hartnäckig. Die Leberzirrhose kann unter anderem auch Folge einer chronischen Lebererkrankung sein, die sich auf dem Boden einer zumeist mit Fettleibigkeit und Diabetes mellitus vergesellschafteten Fehlfunktion des Stoffwechsels entwickeln kann. Weitere mögliche Ursachen sind Virusinfektionen, Nebenwirkungen bestimmter Medikamente, autoimmune Erkrankungen oder andere Stoffwechselstörungen (Eisen- oder Kupferspeichererkrankungen). Die Leberzirrhose ist dabei das Endstadium einer durch die verschiedenen Ursachen hervorgerufenen chronisch entzündlichen Erkrankung des Organs, die über zumeist viele Jahre verläuft und allmählich zu einem narbigen Umbau der Leber führt. Hierdurch wird die Architektur des Gefäßsystems der Leber allmählich zerstört, was zu einem gestörten Durchfluss des Blutes durch die Leber führt. Ferner kommt es zu einem Verlust des für die Funktion der Leber relevanten Gewebes.

„Dann ist das wie in einem System von lauter Einbahnstraßen, die sämtlich in dieselbe Richtung verlaufen, in welchem aber viele Straßen gesperrt werden“, sagt Leberspezialist Prof. Dr. Johannes G. Bode, stellvertretender Direktor der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie an der Uniklinik Düsseldorf. „Je mehr Einbahnstraßen gesperrt werden, umso mehr staut sich der Verkehr zurück in die zuführenden Straßen, bis zurück in die großen Hauptstraßen. Entsprechend kommt es zu einem zunehmenden Aufstau des Blutes vor der Leber und damit zu einem Anstieg des Druckes in dem großen Gefäß, welches als „Hauptstraße“ das Blut der Leber zuführt und als Portalvenenhauptstamm bezeichnet wird.“

Ärzte bauen eine „Umgehungsstraße“

Im Rahmen der TIPSS-Intervention wird, um im Bild zu bleiben, eine „Umgehungsstraße“ gebaut. An der Uniklinik Düsseldorf erfolgt dies in einer engen Zusammenarbeit eines Teams aus Spezialisten aus der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie sowie dem Institut für diagnostische und interventionelle Radiologie. Bei dem Eingriff wird über einen kleinen Zugang in der Halsvene ein Katheter von der Halsvene aus durch das Gefäßsystem bis zur Lebervene vorgeschoben. Von dort aus schaffen die Ärzte eine Überbrückung zur Portalvene, die mit einem Gitterröhrchen (Stent) stabilisiert wird. Im gleichen Eingriff können die Krampfadern mit Hilfe von kleinen gerinnungsfördernden Metallspiralen oder einem Gewebekleber verschlossen werden. „Eine Narkose ist bei diesem Eingriff in der Regel nicht notwendig“, erklärt Prof. Bode. In der Regel bleiben die Patientinnen und Patienten in Abhängigkeit von ihrem Gesundheitszustand etwa eine Woche stationär in der Uniklinik. In dieser Zeit finden alle notwendigen Voruntersuchungen sowie der eigentliche Eingriff statt.

Ist die TIPSS-Intervention auch für eine breiter gefasste Patientengruppe von Nutzen?

Gemäß der Leitlinie kommt eine TIPSS-Intervention insbesondere dann zur Anwendung, wenn sich eine Wasseransammlung im Bauch gebildet hat, die durch Medikamente allein nicht mehr beherrschbar ist oder bei Patientinnen und Patienten, bei denen es zu einer Blutung aus Krampfadern gekommen ist und bei denen ein hohes Risiko für erneute Varizenblutungen besteht. Insgesamt belegt die Studienlage, dass die Intervention bei Patientinnen und Patienten zu einer Verlängerung des Überlebens führt. Ferner legen die Ergebnisse bisheriger Studien laut Prof. Bode nahe, dass betroffene Patientinnen und Patienten schon zu einem früheren Zeitpunkt von dem Eingriff profitieren könnten, ein Aspekt, der derzeit Gegenstand von Studien ist.

Dass an der Uniklinik nun erstmals mehr als 100 TIPSS-Interventionen innerhalb eines Jahres durchgeführt worden sind, ist nicht alleine auf eine Zunahme an Leberzirrhosen zurückzuführen, sondern auch auf deutlich mehr Zuweisungen aus dem Umfeld. Dabei konnte das interdisziplinäre Team um Prof. Dr. Johannes G. Bode, dem leitenden Arzt der interventionellen Hepatologie der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie (Direktor Prof. Dr. T. Lüdde), und Prof. Dr. Peter Minko, leitender Arzt der Interventionellen Radiologie und minimalinvasive Therapie des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie (Direktor Prof. Dr. G. Antoch), mit Blick auf die personelle Ausstattung mit entsprechender Expertise in den zurückliegenden Jahren zunehmend breiter aufgestellt werden.

Weiterführende Information: Der Alkohol und die Leber

Alkohol hat eine schädigende Wirkung auf die Leber. Der riskante Alkoholkonsum fängt dem gegenwärtigen Stand der Forschung zur Folge in Abhängigkeit vom Geschlecht bei der Frau bei 20 g und beim Mann bei 30 g Alkohol pro Tag an, was in etwa dem Konsum von zwei Flaschen Bier oder einem Viertel Liter Wein pro Tag entspricht. „Alkohol ist insbesondere bei entsprechend vorbelasteten Personen ein relevanter, krank machender Faktor, vor allem dann, wenn er regelmäßig getrunken wird“, sagt Prof. Dr. Johannes G. Bode. Entscheidend sei zusätzlich das individuelle Risikoprofil, also Faktoren wie anderweitige Erkrankungen und die genetische Veranlagung, die zu einer entsprechenden Steigerung der Empfindlichkeit des Organismus gegenüber der schädigenden Wirkung von Alkohol führt.

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Das Universitätsklinikum Düsseldorf (UKD) ist das größte Krankenhaus in der Landeshauptstadt und eines der wichtigsten medizinischen Zentren in NRW. Die 9.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in UKD und Tochterfirmen setzen sich dafür ein, dass jährlich über 50.000 Patientinnen und Patienten stationär behandelt und 300.000 ambulant versorgt werden können.

Das UKD steht für internationale Spitzenleistungen in Krankenversorgung, Forschung und Lehre, sowie für innovative und sichere Diagnostik, Therapie und Prävention. Patientinnen und Patienten profitieren von der intensiven interdisziplinären Zusammenarbeit der 60 Kliniken und Institute. Die besondere Stärke der Uniklinik ist die enge Verzahnung von Klinik und Forschung zur sicheren Anwendung neuer Methoden.

Am UKD entsteht die Medizin von morgen. Jeden Tag.

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