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Katja Pechkurova ist 31 Jahre alt und wartet auf eine Spenderniere. Drei Mal die Woche muss sie so lange für mehrere Stunden an die Dialyse. Sie wünscht sich, dass sich mehr Menschen mit dem Thema Organspende beschäftigen würden: „Meinem Leben würde es Selbstbestimmung zurückgeben!“ (Foto: Universitätsklinikum Düsseldorf/UKD)

„Meinem Leben würde es Selbstbestimmung zurückgeben“

Katja Pechkurova ist Dialysepatientin und steht auf der Warteliste für eine Spenderniere. Sie wünscht sich, dass sich mehr Menschen mit dem Thema Organspende beschäftigen würden

Katja Pechkurova ist 31 Jahre alt. Seit mehr als sieben Jahren steht sie auf der Warteliste für eine Spenderniere. Von alleine und ohne technische Unterstützung sind ihre Nieren nicht mehr in der Lage den Körper zu entgiften – um zu überleben muss sie zur Dialyse. Fällt diese aus, kommt es zu Vergiftungserscheinungen, die schnell lebensgefährlich werden können. Viel Zeit für Freizeit bleibt da neben der Arbeit und der Dialyse nicht. Generell wünscht sie sich, dass sich mehr Menschen mit dem Thema Organspende beschäftigen würden: „Je mehr Menschen sich dazu entscheiden Organspender zu werden, je höher wird die Chance, dass wir Menschen auf der Warteliste einen passenden Spender finden. Meinem Leben würde es Selbstbestimmung zurückgeben!“

Drei Mal die Woche zur Dialyse: Für Freizeit bleibt da kaum Zeit

Katja Pechkurovas Krankengeschichte beginnt schon im Kindergarten: Bei einer Aufnahmeuntersuchung wird eine erblich bedingte Nierenerkrankung festgestellt. Seit 2013 muss sie zur Dialyse und steht auf der Warteliste für eine Spenderniere. Drei Mal die Woche wird sie abends nach ihrer Sechsstunden-Schicht im Krankenhaus abgeholt, insgesamt dauert die Dialyse dann noch fünf Stunden.

„Ich komme dann um elf Uhr abends nach Hause. Von der Dialyse bin ich meistens sehr müde, esse nur noch eine Kleinigkeit, gucke vielleicht noch ein bisschen auf dem Handy. Dann geht es schnell ins Bett. Zeit, um etwas zu unternehmen, bleibt da eigentlich nur am Wochenende“, erzählt sie von ihrem Lebensalltag. „Häufig sind die Menschen ganz überrascht, wenn ich erzähle, wie lange so eine Dialyse dauert. Sie glauben, dass es gar nicht so schlimm sei, wenn man auf eine Spenderniere wartet. Man könne ja zur Dialyse gehen. Wartet man zum Beispiel auf ein Spenderherz, gibt es diese Möglichkeit ja nicht. Die Menschen sehen aber dann gar nicht, wie sehr es einen in seinem Lebensalltag einschränkt, wenn das Überleben von einer Maschine abhängt und wie viel Lebenszeit für die Dialyse draufgeht.“

„Urlaub oder ein Alltagsleben, wie es die meisten Menschen führen, ist nicht möglich.“

Ein Phänomen, das Daniel Schrader, Organspendekoordinator am Universitätsklinikum Düsseldorf (UKD), aus seinem Arbeitsalltag kennt.  Er schult und informiert das Personal an der Uniklinik Düsseldorf und ist Ansprechpartner bei Fragen – auch für die Angehörigen von potentiellen Organspendern.

Ihm ist es wichtig, auf die massiven Einschränkungen hinzuweisen, die Menschen erleben, die auf einer Warteliste für ein Spenderorgan stehen: „Stellen Sie sich vor, Sie müssten drei Mal die Woche fünf Stunden warten. Zudem sind Dialysepatienten hundertprozentig abhängig von der Maschine und haben ein erhöhtes Infektionsrisiko. Sie können nicht mal eben in Urlaub fahren. Das ist nur möglich, wenn es auch vor Ort eine Dialyseeinrichtung und Spezialisten gibt. Steht man einmal auf der Warteliste für ein Spenderorgan, ist man dauerhaft auf Abruf: Gibt es ein passendes Organ muss man so schnell wie möglich in der Klinik sein.  Viele Wartende trauen sich deshalb auch nicht weiter weg von den Kliniken zu fahren. All das macht ein Alltagsleben, wie es die meisten anderen Menschen führen, nahezu unmöglich.“

Alles muss passen: Sechs Jahre warten Menschen in Deutschland durchschnittlich auf eine Spenderniere

Katja Pechkurova findet vor allem das Warten und die Hoffnung zermürbend. Vor fünf Jahren musste sie aufgrund einer Krankheit zwischenzeitlich von der Wartelist genommen werden. Einmal hat sie in der Zwischenzeit schon den langersehnten Anruf bekommen, dass es eine Spenderniere für sie gebe. Letztendlich konnte diese aber nicht eingesetzt werden, da sie doch nicht kompatibel für ihren Körper war. Daniel Schrader erklärt: „Gerade bei den Spendernieren müssen sehr viele einzelne Komponenten passen, damit der Körper die gespendete Niere eines fremden Menschen nicht abstößt. Daher kann es vorkommen, dass zunächst vermeintlich passende Spenderorgane doch nicht eingesetzt werden können. Für die Empfänger ist das natürlich besonders hart, weil sie schon Hoffnung hatten, dass es dieses Mal passen könnte.“

Auch Katja Pechkurova muss weiter warten. Corona hat ihr Leben darüber hinaus noch komplizierter gemacht: „Ich gehöre zu einer Risikogruppe und vermeide außerhalb von meinem Beruf und der Dialyse Menschenansammlungen, gehe nicht viel Einkaufen. Ich bin ein fröhlicher Mensch und würde gerne wieder mehr am öffentlichen Leben teilnehmen. Dafür brauche ich aber eine passende Spenderniere. Ich hoffe deshalb, dass sich mehr Menschen für das Thema Organspende interessieren und potentielle Spender werden. Betroffene Menschen – wie ich es bin – sind darauf angewiesen.“

Hintergrund:
Laut der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) wurden im Jahr 2019 rund 1.600 Nieren transplantiert. Der überwiegende Teil davon waren postmortale Spenden – lediglich rund ein Drittel der Betroffenen konnte eine Lebendspende (zum Beispiel durch einen nahen Verwandten) erhalten.

Laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) stehen dem demgegenüber rund 7.600 Menschen auf den Wartelisten für eine Spenderniere. Die Niere ist damit das am häufigsten für eine Transplantation benötigte Organ. Jährlich melden deutsche Krankenhäuser etwa 2.600 neue Patientinnen und Patienten, die auf eine Nierentransplantation warten. Ist eine Lebendspende nicht möglich, liegt die Wartezeit auf ein postmortal gespendetes Organ aktuell in Deutschland bei durchschnittlich sechs Jahren. Eine Zeit, die meist durch den regelmäßigen Gang zur Dialyse überbrückt werden muss.

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