Psychologische Versorgung in der Geburtshilfe an der Uniklinik Düsseldorf
In den allermeisten Fällen sind Schwangerschaft und Geburt des eigenen Kindes Zeiten, die geprägt sind von Hoffnung und Vorfreude. In einigen Fällen kann diese Vorfreude aber getrübt sein. Gründe dafür sind vielfältig: Sie reichen von einer Vorerkrankung der Mutter oder einer möglichen Fehlbildung beim Kind, über Ängste und finanzielle Sorgen, bis hin zu einer schlechten Erfahrung bei einer vorherigen Schwangerschaft oder Geburt.
Um diese Frauen und Familien auch über die klassische Geburtsmedizin hinaus unterstützen zu können, gibt es im Kreißsaal und der Geburtshilfe an der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe des Universitätsklinikums Düsseldorf (UKD) mit Dr. Sarah Märthesheimer auch eine psychosoziale Versorgung. Sie ist gelernte Hebamme und studierte Psychologin und steht Frauen und Paaren mit erhöhter psychischer Belastung in der Schwangerschaft und auch nach der Geburt zur Seite – in dieser Form im Großraum Düsseldorf ein einzigartiges Angebot.
Ein Angebot für alle Frauen und Familien, die geburtshilflich am UKD betreut werden: Von der Geburtsangst bis zum traumatischen Erlebnis
Es ist ein Angebot für alle Frauen und Familien, die geburtshilflich am UKD betreut werden oder planen, ihr Kind hier zu bekommen: „Viele Schwangerschaften und Geburten sind eine wunderbare Zeit und laufen komplett unproblematisch ab. Unser psychologisches Zusatzangebot richtet sich an Frauen und Paare, bei denen das leider nicht der Fall ist. Die Gründe für einen Beratungsbedarf sind bei jedem Menschen ganz individuell und kaum eine Geschichte gleicht der anderen“, erklärt Prof. Dr. Tanja Fehm, Direktorin der UKD-Frauenklinik.
In ihrem Arbeitsalltag hört Dr. Sarah Märthesheimer – die zunächst als Hebamme gearbeitet hat und nach dem Psychologiestudium nun beide Ausbildungen mit diesem ganz besonderen Blickwinkel verbinden kann – genau diese unterschiedlichsten Lebensgeschichten. Eines haben sie alle gemeinsam: Sie sind sehr persönlich und meist hochemotional.
„Pränatal – also vor der Geburt – melden sich Frauen aus den unterschiedlichsten Gründen bei mir. Das können finanzielle Sorgen und Ängste genauso sein, wie Befürchtungen vor der Zeit mit einem Neugeborenen“, erklärt die Psychologin. „Ich sehe auch Schwangere mit starker Geburtsangst, die nur mit Schrecken an den Tag der Geburt und den Kreißsaal denken. Manche Frauen haben psychische Vorerkrankungen, andere berichten über traumatische Geburtserfahrungen in der Vergangenheit, wieder andere erleben eine Schwangerschaft mit vielen medizinischen Komplikationen und Sorgen um das ungeborene Kind. Auch eine zurückliegende Fehlgeburt kann sehr belastend sein. Ich erlebe immer wieder, dass viele Frauen das Gefühl haben, nicht offen über das Erlebte und ihre Emotionen – zum Beispiel auch das Gefühl der Trauer – sprechen zu können. Manchmal auch nicht mit dem Partner, bzw. der Partnerin oder der engsten Familie. Gleichzeitig beeinflussen diese Erfahrungen aber natürlich die aktuelle Schwangerschaft.“
Psychosoziale Versorgung in der Geburtshilfe: Ein Angebot für die Zeit der Schwangerschaft, aber auch nach der Geburt
Einmalig im Großraum Düsseldorf: Die psychosoziale Versorgung in der Geburtshilfe am UKD ist ein Kooperationsprojekt zwischen der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe und dem Klinischen Institut für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Uniklinik Düsseldorf.
Betreut werden nicht nur Schwangere vor der Geburt, sondern auch postnatal danach. „Hier besuche ich insbesondere alle Familien, die gerade erst eine belastende Situation hier bei uns in der Klinik erlebt haben. Das kann zum Beispiel eine besonders schwierige Geburt mit vielen Interventionen sein. Ich betreue aber auch Mütter und Eltern, die wegen drohender Frühgeburtlichkeit stationär aufgenommen sind und deren Kinder möglicherweise intensivmedizinisch in der Kinderklinik versorgt werden müssen. Auch nach einer sogenannten Stillen Geburt, bei der das Kind im Mutterleib oder kurz nach der Geburt verstorben ist, bin ich Ansprechpartnerin. Im Vergleich zur Gesamtanzahl der glücklichen Geburten bei uns in der Uniklinik Düsseldorf, ist das nur ein kleiner Anteil der Familien, aber dieser benötigen eine ganz besondere Zuwendung“, erläutert Sarah Märthesheimer.
Dabei ersetzt die Beratung keine psychologische Therapie, sondern dient als erste Anlaufstelle. Häufig ist Dr. Märthesheimer Vermittlerin und informiert die Familien über weiterführende Angebote: „Manche Frauen oder Familien spreche ich nur einmal, andere sehe ich über einen längeren Zeitraum – zum Beispiel vom ersten Termin in der Schwangerschaft bis nach der Geburt. Ich fungiere als erste Ansprechperson bereits vor Ort in der Klinik und besuche die Mütter direkt bei uns am Patientenbett auf der Station.“
Für Prof. Dr. Ulrike Dinger-Ehrenthal, Direktorin des Klinischen Instituts für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, ist genau das ein wichtiger Aspekt an der Arbeit von Sarah Märthesheimer: „Die psychologische Betreuung kann hier so schnell wie möglich direkt in der Frauenklinik beginnen: Für viele Frauen und Familien in diesen Situationen ist es – gerade aufgrund der hohen Belastungsfaktoren – nicht möglich, noch zusätzlich nach passenden Unterstützungsangeboten zu recherchieren und eigeninitiativ Termine zu organisieren.“
Bis die erste Aufregung vergangen ist und Unterstützung gesucht werden kann, kann eine lange Zeit vergehen - wenn es überhaupt passiert. Bis man eine passende psychologische Betreuung gefunden hat, vergehen dann möglicherweise weitere Wochen. Dr. Märthesheimer ist dagegen Teil des behandelnden Teams der Frauenklinik und wird – wenn benötigt – direkt vor Ort durch die Hebammen oder die pflegerischen oder ärztlichen Teams hinzugerufen. „So können wir den Familien neben der bestmöglichen medizinischen Versorgung schnell eine erste Unterstützung bieten und auch über mögliche psychologische Folgebetreuungen informieren.“
In der Metropolregion Düsseldorf einzigartig: Psychologische Versorgung als fester Bestandteil des geburtshilflichen Teams
Diese Form der Betreuung unterscheidet das Konzept der Geburtshilfe an der Uniklinik Düsseldorf auch von vielen anderen Standorten: „Spezialisierte psychosoziale Betreuung in der klinischen Geburtshilfe ist in unserer Region noch nicht weit verbreitet. Da sind wir auf dem richtigen Weg und sollten diese Form der Unterstützung auch noch ausbauen“, erklärt Dr. Sarah Märthesheimer. „Trotz der Häufigkeit von Depressionen nach der Geburt und anderen psychischen Belastungen in dieser Lebensphase, ist es für die Frauen häufig schwierig, passende Unterstützung zu finden. Ich bin froh, dass wir eine solche Sprechstunde anbieten können.“
Auch das Kreißsaal-Team begrüßt diese Entwicklung: „Frauengesundheit bedeutet für uns mehr als die reine medizinische Begleitung während Schwangerschaft und Geburt. Gerade psychische Erkrankungen oder emotionale Belastungen werden in dieser sensiblen Lebensphase noch viel zu häufig übersehen oder tabuisiert“, sagt Sandra Persaud, Leitende Hebamme am UKD und Mitinitiatorin des Projekts. Ihr Dank gilt auch Torsten Rantzsch, Pflegedirektor und Vorstandsmitglied am UKD, für die Unterstützung dieses besonderen Angebots. „Mit unserem psychologischen Angebot können wir Frauen frühzeitig auffangen – sei es bei Ängsten, depressiven Symptomen oder nach belastenden Erlebnissen wie einer Stillen Geburt. Es ist uns ein großes Anliegen, diesen Aspekt der Versorgung stärker in den Fokus zu rücken und gemeinsam mit unseren Kolleginnen und Kollegen betroffenen Frauen und Familien nicht nur medizinisch, sondern auch psychologisch den nötigen Halt zu geben.“
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Zum Universitätsklinikum Düsseldorf:
Das Universitätsklinikum Düsseldorf (UKD) ist das größte Krankenhaus in der Landeshauptstadt und eines der wichtigsten medizinischen Zentren in NRW. Die 9.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in UKD und Tochterfirmen setzen sich dafür ein, dass jährlich über 55.000 Patientinnen und Patienten stationär behandelt und 270.000 ambulant versorgt werden können.
Das UKD steht für internationale Spitzenleistungen in Krankenversorgung, Forschung und Lehre, sowie für innovative und sichere Diagnostik, Therapie und Prävention. Patientinnen und Patienten profitieren von der intensiven interdisziplinären Zusammenarbeit der 60 Kliniken und Institute. Die besondere Stärke der Uniklinik ist die enge Verzahnung von Klinik und Forschung zur sicheren Anwendung neuer Methoden.
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