
Wenn mein Kind an Krebs erkrankt: Eine Krebserkrankung betrifft die ganze Familie
Es ist einer dieser Momente im Leben, wo es nur ein Davor und ein Danach gibt: Die Diagnose, dass das eigene Kind an Krebs erkrankt ist. Ab diesem Zeitpunkt ist erst einmal nichts wie vorher. Das gesamte Familienleben wird durcheinandergewirbelt und bekommt einen neuen Fokus. Und das ist die Heilung und Unterstützung des Kindes. Denn: Die Krebserkrankung eines Kindes betrifft immer die gesamte Familie und das gesamte Umfeld. Verschiedene Projekte unterstützen Familienangehörige dabei, mit dieser neuen Lebenssituation umzugehen. So zum Beispiel auch das Geschwisterprojekt an der Kinder- und Jugendonkologie des Universitätsklinikums Düsseldorf (UKD).
„Erkrankt ein Kind an Krebs, so ist das ein einschneidendes Ereignis, das nicht nur das betroffene Kind, sondern die gesamte Familie in einen anhaltenden Ausnahmezustand versetzt“, erklärt Dr. Prasad Oommen, Oberarzt und Psychotherapeut in der Kinderonkologie am UKD sowie Leiter des Psychosozialen Dienstes. Zum Team gehören neben Psychologinnen und Psychologen, Patientenlotsen, Sozialpädagoginnen und Pädagogen auch Erzieherinnen und Erzieher. „Wir unterstützen die Familien und uns ist es wichtig zu zeigen, dass trotz aller Traurigkeit, Angst und Herausforderungen auch Raum für schöne Momente, Zuversicht und Gemeinschaft entstehen können.“
Auf einmal wird das Leben von Behandlungen und Krankenhausaufenthalten dominiert: Eine starke Belastung für Familien – insbesondere für Geschwisterkinder
Für betroffene Familien werden regelmäßige Arztbesuche, Behandlungen und Krankenhausaufenthalte zur neuen Routine. Die Eltern müssen oft ihre beruflichen Verpflichtungen anpassen oder sogar ganz aufgeben, um für ihr erkranktes Kind da zu sein. Dies kann zu finanziellen Belastungen führen und den Stress innerhalb der Familie erhöhen. Die Zeit, die zuvor für gemeinsame Aktivitäten, Schule und Freizeitgestaltung zur Verfügung stand, wird nun stark eingeschränkt. Eine Tatsache, die insbesondere für Geschwisterkinder sehr belastend sein kann.
„Viele Geschwisterkinder berichten uns davon, wie die Familien früher am Wochenende immer viele tolle Ausflüge gemacht haben. Eine Krebserkrankung ereilt Familien ja häufig aus heiterem Himmel. Aufgrund der Chemotherapie ist das Immunsystem des Kindes aber nun so geschwächt, dass solche Unternehmungen manchmal nicht mehr möglich sind. Auch bei Besuch muss streng darauf geachtet werden, dass alle gesund sind – das macht auch das Sozialleben der Geschwisterkinder häufig kompliziert. Einfach mal so die Freundinnen oder Freunde zum Spielen einladen, geht plötzlich nicht mehr“, erzählen Lisanne Göbel (psychologische Psychotherapeutin) und Tim Germerdonk (leitender Psychologe im Psychosozialen Team) aus ihrer täglichen Arbeit.
Oft würden Geschwisterkinder zudem im Schatten des erkrankten Geschwisterkindes stehen und müssten zurückstecken. „Diese Neustrukturierung und der Verlust der gewohnten Familienstruktur ist für Geschwisterkinder keine einfache Situation. Da ist einerseits natürlich die Angst um die Schwester oder den Bruder. Aber möglicherweise auch ein Gefühl der fehlenden Aufmerksamkeit, Unsicherheit und auch Eifersucht – Gefühle, die absolut normal und verständlich sind. Geschwisterkinder trauen sich aber häufig nicht, diese auszusprechen, um den Eltern zum Beispiel nicht noch mehr Sorgen zu bereiten. Auch für Geschwisterkinder sind wir daher Ansprechpersonen im Team.“
Geschwister-Tage: Ein kurzer Moment der Normalität
In der Betreuung von Familien mit einem an Krebs erkrankten Kind gilt daher: Es ist von großer Bedeutung, dass die Bedürfnisse aller Familienmitglieder, insbesondere der Geschwister, nicht aus den Augen verloren werden. Nur so kann die Familie gemeinsam durch diese schwierige Zeit navigiert werden und gestärkt aus der Erfahrung hervorgehen. Um diesen enormen Herausforderungen dieser jungen Familien gerecht zu werden, organisiert der Psychosoziale Dienst der Kinderonkologie der Uniklinik Düsseldorf seit 2023 in regelmäßigen Abständen Freizeitaktivitäten für Geschwisterkinder krebskranker Kinder.
An solchen Geschwister-Tagen haben die Schwestern und Brüder die Chance, im Mittelpunkt zu stehen und können mit anderen Kindern und Jugendlichen sowie in Begleitung eines Elternteils einen spannenden Tag erleben. Die Geschwister-Erlebnisse können – je nach Wunsch des Kindes – ganz unterschiedlich ausfallen: Von einem Blick hinter die Kulissen im Zoo oder im Museum, über einen Besuch beim Eishockey oder bei einem Trainer von Fortuna Düsseldorf, bis hin zu einem gemeinsamen Besuch auf dem Weihnachtsmarkt mit Schlittschuhfahrt und Riesenrad.
Finanziert werden die Events im Wechsel von den beiden Fördervereinen in Düsseldorf - Löwenstern e.V. und der Elterninitiative Kinderkrebsklinik e.V. Durch diese großzügige Unterstützung können die Aktionen für die Familien kostenlos veranstaltet werden. „Wir sind sehr froh und dankbar, dass wir dank der Spenden diese Angebote haben und den Geschwisterkindern die gebührende Aufmerksamkeit bieten können. Auch die Elternteile haben die Chance, eine Auszeit zu bekommen und einmal durchzuatmen. Sie können auf den Events auch andere betroffene Eltern kennenlernen und sich austauschen. Das ist für einen kurzen Moment ein dringend benötigter Moment der Normalität“, freuen sich Dr. Prasad Oommen, Lisanne Göbel und Tim Germerdonk.