Von: Jörn Grabert
Wie groß ist eine Erbse?
Vergleichsgrößen aus dem Alltag tragen wenig dazu bei, Größenangaben in medizinischen Untersuchungsergebnissen genauer zu transportieren
Düsseldorf (UKD) – In der klinischen Praxis hat es sich bewährt, mit Vergleichsgrößen zu arbeiten, um Ausmaße zu verdeutlichen. An einer Stelle wird im Rahmen einer Untersuchung ein „stecknadelkopfgroßer Trommelfelldefekt“ festgestellt, an anderer Stelle ist von einem „centstückgroßen“ Auseinanderweichen von Wundrändern die Rede. Der Bezug zu Alltagsgegenständen soll Dimensionen für alle an einer Behandlung Beteiligten anschaulich beschreiben. So haben Stecknadelköpfe, Erbsen, Cent- oder Eurostücke, Golf- und sogar Tennisbälle Einzug in die medizinische Dokumentation gehalten. Bringt das einen Vorteil?
Ein Team der Hals-Nasen-Ohren-Klinik am Universitätsklinikum Düsseldorf meldet Zweifel an. Im Rahmen einer web-basierten Studie haben Dr. Lisa Knipps und Prof. Dr. Thomas Klenzner 206 Ärztinnen und Ärzten unterschiedlicher Fachrichtungen getestet, wie genau sie die Ausmaße sowohl von konkreten Längenangaben als auch von Alltagsgegenständen schätzen können. Das Projekt erhielt im Rahmen der jüngsten Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie den ersten Posterpreis in der Kategorie „klinisch“.
Als Hauptwerkzeug zum Schätzen von Längenangaben diente den teilnehmenden Medizinerinnen und Medizinern ein normierter Schieberegler auf einem Monitor. Das Ergebnis: Sowohl konkrete Zahlenangaben (zum Beispiel: 5 mm) als auch die Größe von vermeintlich bekannten Gegenständen wurden im Durchschnitt um rund 15 Prozent unterschätzt – ganz unabhängig von der Fachrichtung der beteiligten Ärztinnen und Ärzte. Um eine exakte Ermittlung und Weitergabe von Größenangaben zu gewährleisten, empfehlen die beiden Studienautoren deshalb, dass auf normierte Messinstrumente zurückgegriffen werden sollte, wenn Maßangaben im Ergebnis einer klinischen Untersuchung eine Rolle spielen.
Im Rahmen der Studie sollten die Teilnehmenden auch das eigene Schätzverhalten beurteilen: Im Schnitt hielten sich alle für deutlich bessere Schätzer als dies in der Schätzgenauigkeit deutlich wurde. Selbst die Teilnehmenden, die ihre Schätz-Qualitäten im Vergleich zu den anderen am höchsten einstuften (oftmals erfahrenere Medizinerinnen und Mediziner), zeigten im Ergebnis keine bessere Leistung. „Auch wenn man also auf einen großen Erfahrungsschatz zurückgreifen kann, liefert die normierte Messung am Ende das sichere und genauere Ergebnis“, so Prof. Klenzner.
Zusammenfassung/Abstract im Netz:
„Size matters – how big is big? Size estimation of physicians“
https://www.thieme-connect.de/products/ejournals/html/10.1055/s-0043-1767665#top
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