4. Michael Berger-Gedächtnis-Vorlesung am Freitag, 24. Mai 2013, Düsseldorf
Preisträger: Sir Iain Chalmers, UK: „Avoidable waste in research“
Der ehemalige Direktor der Klinik für Stoffwechselkrankheiten und Ernährung des Universitätsklinikums Düsseldorf, Prof. Dr. med. Dres. h.c. mult. Michael Berger, hatte zahlreiche wissenschaftliche Positionen inne, u.a. Dekan der Medizinischen Fakultät sowie Präsident der deutschen und europäischen Diabetesverbände. Michael Berger etablierte an seiner Klinik 1985 das WHO Collaborating Centre for Diabetes Treatment and Prevention und zusammen mit Prof. Dr. med. Bernd Richter im Jahre 2000 die Cochrane Review Group for Metabolic and Endocrine Disorders. Er war Empfänger der höchsten diabetologischen Ehrenerweisungen, wie der Claude Bernard Medaille der europäischen Diabetesgesellschaft (EASD) und der Harold Rifkin Auszeichnung der amerikanischen Diabetesgesellschaft (ADA). Michael Berger war Mitbegründer des Deutschen Netzwerkes Evidenzbasierte Medizin (DNEbM) und stellte dieses Momentum in den Mittelpunkt seiner klinischen Aktivitäten und Lehrtätigkeiten. Sein steter Fokus war jedoch der Patient in seiner ganzen Individualität, was international strukturelle Patienten-Edukationsprogramme für diverse chronische Erkrankungen als integralen Bestandteil der Versorgung etablierte und zunehmend patienteninformierte Entscheidungsprozesse in das reguläre Arzt-Patientenverhältnis einführte. Michael Berger verstarb am 18. August 2002.
Sir Iain Chalmers erfuhr in den ersten Jahren seiner ärztlichen Tätigkeiten eine bedeutsame Prägung im Rahmen seiner UN-Arbeit in den palästinensischen Flüchtlingslagern des Gaza-Streifens („Everything I have done professionally has its origins in my experience in Gaza in 1969 and 1970“). Insbesondere die häufig brüchige Evidenzlage seiner therapeutischen Bemühungen dort induzierte schon früh einen „chronischen Skeptizismus“ und das Bestreben, die Medizin auf eine reliable wissenschaftliche Basis zu stellen. Zwischen 1978 und 1992 leitete er die National Perinatal Epidemiology Unit in Oxford, England und wurde 1992 zum Direktor des UK Cochrane Zentrums ernannt. Iain Chalmers inspirierte in der ganzen Welt Experten und Enthusiasten, was u.a. zur Gründung der internationalen Cochrane Collaboration ein Jahr später führte. Es gibt kaum einen Bereich in der kritischen Auseinandersetzung mit der kontemporären Medizin, der nicht vom unruhigen Geist Iain Chalmers tangiert wurde – so etwa die auf ihn zurückgehende Bewegung, dass alle medizinischen Studiendaten in Gänze der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollten. Auch Iain Chalmers verlor den Patienten nie aus den Augen und begründete konsequenterweise die James Lind Library, die webbasiert die Entwicklung der prinzipiellen Komponenten fairer Vergleiche medizinischer Behandlungen dokumentiert und diese durch historische Beispiele illustriert. Er war weiterhin Mit-Inaugurator der James Lind Alliance, deren Ziel es ist, die wichtigsten Wissenslücken über die Effekte von Behandlungen zu identifizieren – unter maßgeblicher Mitarbeit von Betroffenen. Iain Chalmers wurde 2000 für seine Verdienste im Gesundheitswesen geadelt und erhielt fünf Ehrendoktorwürden. Iain Chalmers publizierte mehrere hundert Arbeiten, einschliesslich Effective Care in Pregnancy and Childbirth, das weithin als das erste evidenzbasierte Werk irgendeiner medizinischen Spezialität angesehen wird.
Frühere Preisträger der Michael Berger-Gedächtnis-Vorlesung:
Sir Nicholas Wald, UK; Hilda Bastian, USA; Peter Götzsche, Denmark
Eine Veranstaltung des Instituts für Allgemeinmedizin (ifam), der Cochrane Metabolic and Endocrine Disorders Group (CMED) und des Centre for Health and Society (CHS) der Medizinischen Fakultät der Heinrich Heine-Universität Düsseldorf
Kontakt: stefan.wilm@med.uni-duesseldorf.de
Zu den Vortragsfolien von Sir Iain Chalmers
Weitere Publikation:
Chalmers I, Glasziou P. Avoidable waste in the production and reporting of research evidence. Lancet 2009; 374: 86–89. DOI:10.1016/S0140-6736(09)60329-9