Statut zu Aufgaben und Organisation des Hirntumorreferenzzentrums der Deutschen Gesellschaft für Neuropathologie und Neuroanatomie (DGNN)
Definition und Ziele des Hirntumorreferenzzentrums
Das Hirntumorreferenzzentrum ist eine überregionale Einrichtung der DGNN und führt die Bezeichnung "Hirntumor-Referenzzentrum der DGNN" (hier im folgenden HTRZ genannt). Wesentliche Aufgaben des HTRZ sind die konsiliarische Begutachtung von Tumoren des Nervensystems, die Unterstützung wissenschaftlicher Projekte, die Weiterbildung in der Hirntumordiagnostik sowie Aktivitäten in der Qualitätssicherung. Nicht zu den Aufgaben des HTRZ gehört die Durchführung der primären Hirntumordiagnostik an Stelle der lokalen neuropathologischen Krankenversorgung.
Organisation des Hirntumorreferenzzentrums
Leitung
Das HTRZ wird von einem/r Leiter/in oder mehreren Leitern/innen koordiniert, die auf dem Gebiet der neuropathologischen Hirntumordiagnostik und -forschung national und international anerkannte Persönlichkeiten sein sollen. Der/die Leiter/in/innen müssen Mitglieder der DGNN sein. Die Wahl erfolgt auf Vorschlag des Vorstands durch die Mitglieder der DGNN. Die Amtszeit beträgt in der Regel fünf Jahre. Wiederwahl ist möglich.
Assoziierte Mitglieder
Der Leitung ist ein Panel aus assoziierten Mitgliedern zugeordnet, die ebenfalls Mitglieder der DGNN sind und die Leitung unterstützen. Assoziierte Mitglieder werden auf Vorschlag der Leitung im Einvernehmen mit dem Vorstand für Amtszeit der Leitung bestellt. Ebenso können studienbegleitende Referenz-Neuropathologien auf Antrag durch die Leitung im Einvernehmen mit dem Vorstand für Dauer der Studie dem HTRZ assoziiert werden. (siehe Hirntumor- Arbeitskreis).
Ort
Das HTRZ ist räumlich an dem Institut/der Abteilung des Leiters bzw. in den Instituten/Abteilungen der Leiter angesiedelt.
Aufgaben des Hirntumorreferenzzentrums
Konsiliarische Tätigkeit
Das HTRZ ermöglicht die kompetente konsiliarische histologische und/oder molekulare Begutachtung diagnostisch schwieriger und unklarer Tumoren des Nervensystems. Dieser konsiliarische Service steht in erster Linie Mitgliedern der DGNN in Instituten und Abteilungen der Neuropathologie zur Verfügung. Die Einsendung von Konsilfällen erfolgt an die Leitung des HTRZ, das dann für die zentrale Erfassung und Archivierung der Konsilbefunde inklusive der für die Referenzbefundung angefertigten Schnittpräparate verantwortlich ist. Für eine zügige Bearbeitung empfiehlt sich die Einsendung von Paraffinblöcken möglichst inklusive zugehöriger HE-Schnitte. Dieses Material wird unmittelbar nach Abschluss der Konsiluntersuchungen, spätestens jedoch 4 Wochen nach Eingang, wieder an den Einsender zur lokalen Archivierung zurückgesandt. Einsendung von nativem oder fixiertem Gewebe aus der Neurochirurgie ist nicht möglich. Das HTRZ erstellt einen Befundbericht und teilt diesen dem Einsender mit. In diagnostisch schwierigen oder strittigen Fällen werden unabhängige Meinungen von einem oder mehreren Experten eingeholt. Ausgewählte Fälle sollen dabei gemeinsam mit assoziierten Mitgliedern begutachtet und diskutiert werden. Molekularpathologische Untersuchungen, die zur Diagnostik gemäß WHO-Klassifikation für Tumoren des ZNS erforderlich sind, werden im Regelfall in dem/der zusendenden Institut/Abteilung für Neuropathologie durchgeführt. Es ist wünschenswert, dass die Ergebnisse bzw. Daten dem HTRZ zur Konsilbefundung zur Verfügung gestellt werden. Das Referenzzentrum kann zusätzlich eigenständig zur Diagnosefindung erforderliche molekularpathologische Untersuchungen im Rahmen der konsiliarischen Befundung durchführen.
Für die diagnostischen Leistungen des HTRZ wird eine Aufwandsentschädigung erhoben, die sich an den entsprechenden Gebührenordnungen (GOÄ, EBM) orientiert. Bei Einsendung muss hierfür der Rechnungsempfänger (bei gesetzlichen Versicherungen die Klinikumsverwaltung, bei Privatversicherungen die Patientenadresse) angegeben werden.
Referenzneuropathologische Betreuung und translationale wissenschaftliche Begleitung von neuro-onkologischen Therapieoptimierungsstudie
Das HTRZ steht für eine referenzneuropathologische Betreuung von neuro-onkologischen Therapiestudien zur Verfügung. Es berät gemeinsam mit dem Vorstand der DGNN sowohl klinische Partner wie auch referenzpathologisch tätige Mitglieder der DGNN bei geplanten neuen standortübergreifenden Therapie- und Registerstudien (s. auch Hirntumor-Arbeitskreis). Erfolgt die Referenz-Neuropathologie nicht durch das Hirntumor-Referenzzentrum (HTRZ), sollten vergleichbar hohe Qualitäts-Standards der studienbegleitenden Referenz- Neuropathologie wie im HTRZ eingehalten werden.
Unterstützung wissenschaftlicher Projekte
Das HTRZ ermöglicht durch standardisierte Untersuchung und einheitliche Dokumentation den systematischen Aufbau von Serien gut charakterisierter Tumoren. Schnittpräparate und ggf. vorhandene klinische Daten sollen Mitgliedern der DGNN zur Verfügung gestellt werden, um in Kooperation mit dem HTRZ wissenschaftliche Untersuchungen durchzuführen. Zur Verwendung von Gewebeproben (Schnittpräparate, DNA, RNA, etc.) und assoziierten Patientendaten der am HTRZ referenzhistologisch diagnostizierten Patienten für Forschungszwecke sind die dafür notwendigen ethischen und legislativen Voraussetzungen zu berücksichtigen (u.a. Broad Informed Consent, projektspezifisches Ethikvotum, EU- Datenschutzverordnung). Bei einem Wechsel in der Leitung hat unter Beachtung der o.g. ethischen und legislativen Voraussetzungen die neue Leitung des HTRZ Zugang zu den bisherigen Unterlagen und Schnittpräparaten.
Weiterbildung in der neuropathologischen Tumordiagnostik
Das HTRZ organisiert eine jährliche Fortbildungsveranstaltung, bei der aktuelle Entwicklungen der Hirntumordiagnostik und -forschung sowie benachbarter Disziplinen von Experten referiert werden und Gelegenheit besteht, interessante und schwierige Tumorfälle gemeinsam zu diskutieren. Zu Fortbildungszwecken wird eine Lehrsammlung instruktiver Fälle aufgebaut und kontinuierlich ergänzt. Auch Hospitationen am HTRZ und Methodenkurse sind möglich.
Mitwirkung in der Qualitätssicherung
Das HTRZ übernimmt in Kooperation mit der Qualitätssicherungs-Kommission der DGNN eine qualitätssichernde Funktion für die neuropathologische Tumordiagnostik. Das HTRZ kann bei der Erstellung interdisziplinärer Leitlinien zur Diagnostik und Therapie von Hirntumoren in Kooperation mit weiteren Mitgliedern der DGNN und Vertretern anderer Fachgesellschaften
beteiligt sein. Besonderes Augenmerk wird hierbei auf die adäquate Berücksichtigung neuropathologisch-diagnostischer Aspekte in den interdisziplinären Leitlinien gelegt.
Validierung neuer Verfahren in der Diagnostik von ZNS-Tumoren
Das HTRZ unterstützt die Entwicklung und Validierung neuer diagnostischer Verfahren. Dies soll ermöglichen, neue Technologien bei entsprechender Eignung in den routinemäßigen klinisch-diagnostischen Einsatz nicht nur zentral, sondern insbesondere flächendeckend an den verschiedenen neuropathologischen Standorten der DGNN zu überführen.
Bewerbung um die Leitung des Hirntumorreferenzzentrums
Die Leitung des HTRZ wird alle 5 Jahre neu ausgeschrieben. Bewerbungen auf der Grundlage dieses Statuts müssen als schriftliches Konzept nach erfolgter Ausschreibung durch den DGNN-Vorstand unter Berücksichtigung des Bewerbungsschlusses an den Vorsitzenden der DGNN gesandt werden. Im Falle einer gemeinsamen Bewerbung mehrerer Leiter ist darzulegen, wie die Aufgaben- und Einsendeverteilung zwischen den Standorten erfolgt.
Der Vorstand der DGNN, August 2023