Hintergrund

Definition:

ACP ermöglicht eine gemeinsame Entscheidungsfindung (Shared Decision Making) für künftige hypothetische Behandlungsentscheidungen, in denen der/die Betreffende selbst krankheitsbedingt nicht einwilligungsfähig ist und daher nicht mehr in der Situation entscheiden kann. 

Im Zentrum von ACP steht ein standardisierter, lebenslanger Gesprächsprozess zwischen der vorausplanenden Person, wo möglich und gewünscht ihren Bevollmächtigten/Betreuer:innen (und/oder Vertrauenspersonen) und einer hierfür qualifizierten Gesundheitsfachperson (facilitator – zu Deutsch: ACP-Gesprächsbegleiter:in). Diese:r begleitet den mehrzeitigen Gesprächsprozess, in welchem die vorausplanende Person ihre Werte, Grundhaltungen und Therapieziele reflektiert. Hierbei lernt sie relevante künftige hypothetische Szenarien kennen- und so weit wie nötig verstehen und wird – soweit möglich - befähigt ihre individuellen Behandlungspräferenzen im Austausch mit ACP-Gesprächsbegleiter:innen, sowie ggf. ihren Vertrauenspersonen zu entwickeln und zu artikulieren. Die ACP-Gesprächsbegleitung erfolgt in enger Kooperation mit dem:der behandelnden Ärzt:in. 

Advance Care Planning (ACP) etabliert sich seit einigen Jahren auch in Deutschland als ein neues Konzept zur Realisierung wirksamer Patient:innenverfügungen für den Fall, dass Patient:innen nicht (mehr) selbst einwilligen können.

Gesundheitspolitische Entwicklung:

Patient:innenverfügungen gibt es seit Anfang der 1970er-Jahre, und im Prinzip befürworten die meisten Menschen, dass mittels Vorausplanung ungewünschte medizinische Maßnahmen zur Lebensrettung und -verlängerung vermieden werden und Behandlungswünsche festgelegt werden können. Gleichzeitig sind sich die meisten der Tatsache bewusst, dass Patient:innenverfügungen seit Jahrzehnten in der realen Welt medizinischer Entscheidungsfindung meist nur eine untergeordnete Rolle spielen und kritische Entscheidungen in Unkenntnis des Patient:innenwillens an der Tagesordnung sind – zu Hause, in der Pflegeeinrichtungoder auf der Intensivstation. Das Dritte Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts von 2009 („Patient:innenverfügungsgesetz“) hat zwar die rechtliche Verbindlichkeit von Patient:innenverfügungen gestärkt, die geringe praktische Bedeutung von Patient:innenverfügungen aber nicht wesentlich beeinflusst. 

Seit den 1990er-Jahren hat sich mit ACP eine neue Herangehensweise an Patient:innenverfügungen entwickelt, die das Potenzial besitzt, diese Defizite erfolgreich zu kompensieren. 

Auch in Deutschland ist das Interesse an diesem Konzept in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen, zu Beginn durch die 5. Konferenz der Internationalen ACPEL-Society im September 2015 in München und nun vorallem durch das im Dezember 2015 in Kraft getretene Hospiz- und Palliativgesetz (HPG). Mit dem darin verankerten § 132g SGB V können stationäre Pflegeeinrichtungen und Einrichtungen der Eingliederungshilfe ihren Bewohner:innen künftig eine „Gesundheitliche Versorgungsplanung für die letzte Lebensphase“ zulasten der Krankenkassen anbieten.

Damit Patient:innen gemäß ihrer wohlinformierten Präferenzen behandelt werden können, braucht es Änderungen auf drei Ebenen: 

Auf der individuellen Ebene erhalten die Personen einer definierten Zielpopulation (z.B. alle Bewohner:innen von stationärenPflegeeinrichtungen) im Rahmen eines professionell begleiteten, strukturierten Gesprächsprozesses das Angebot, eigene Präferenzen für künftige medizinische Behandlungen bei Einwilligungsunfähigkeit zu entwickeln und aussagekräftig zu dokumentieren. Auf der institutionellen und regionalen Ebene werden die relevanten regionalen Akteur:innen, Institutionen und Versorgungsstrukturen in einem systematischen Prozess an der Veränderung beteiligt (Change Management), sodass die Vorausverfügungen regelmäßig verfügbar sind und zuverlässig beachtet werden. 

Zum einen erhalten alle Mitglieder einer definierten Zielpopulation (z.B. alle Bewohner von Senioreneinrichtungen) im Rahmen eines professionell begleiteten, strukturierten Gesprächsprozesses das Angebot, eigene Präferenzen für künftige medizinische Behandlungen bei Einwilligungsunfähigkeit zu entwickeln und aussagekräftig zu dokumentieren. Zum anderen werden die relevanten regionalen Akteure, Institutionen und Versorgungsstrukturen in einem systematischen Prozess an der Veränderung beteiligt (Change Management), sodass die Vorausverfügungen regelmäßig verfügbar sind und zuverlässig beachtet werden.

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