Krankheitskonzepte von Patienten mit türkischem Migrationshintergrund - Sind diese wirklich so anders? Was sind Stereotype?

Becker N., Koc G., Yilmaz M., Gerlach H., Abholz H.H.

Einleitung:

In Deutschland leben ca. 2,7 Mio Menschen mit türkischem Migrationshintergrund. Zentrales Thema, wenn es um Verständigung zwischen Ärzten und Patienten geht sind Krankheitskonzepte, die sich Studien zufolge bei türkischen Patienten stark von „westlichen“ Unterscheiden“ sollen.

Methode:

Wir führten zunächst drei Fokusgruppen mit jeweils maximal 15 Patienten mit türkischem Migrationshintergrund (n=34) zum Thema: „Welche Erfahrungen haben Sie mit Ihren Hausärzten?“ durch. Die Diskussionssprache war Deutsch. Vor der Auswertung wurde das gesamte Material aufgenommen und transkribiert, um im Anschluss inhaltsanalytisch (nach Mayring) bearbeitet zu werden. Die Kategorienbildung erfolgte induktiv d.h. offen am Material, von vier unabhängigen Auswerterinnen. In der anschließenden Gruppendiskussion folgte die Konsensfindung. Bei der Zusammensetzung der Auswerterinnen achteten wir insbesondere auch auf eine multikulturelle Zusammensetzung, um den kulturellen Bias zu reduzieren. Hier wird ausschließlich nur die Kategorie Krankheitskonzepte vorgestellt.

Ergebnisse:

Obwohl wir bezogen auf das eigene Rollenverständnis eine „traditionelle Gruppe“ mit starker „Autoritätsorientierung“ identifizieren konnten, fanden wir auch dort keine „magischen“ bzw. „symbolhaften“ geprägten Vorstellungen zu Krankheit und Gesundheit. Vielmehr waren die Krankheitskonzepte sehr vielfältig und unterschieden sich kaum von denen der „einheimischen Bevölkerung.“ Akuter Rückenschmerz wurde z.B. auf ein mögliches Problem der Muskulatur und der Bandscheiben zurückgeführt. Erwartet wurde eine potente Schmerztherapie, sowie eine schnelle diagnostische Absicherung. Verständigungsprobleme wurden allerdings im hohen Maße angesprochen.

Diskussion:

Wir fanden keine „fremden“ bzw. „symbolhaften“ Krankheitskonzepte. Das belegt zwar nicht deren Nichtvorhandensein, deutet aber zumindest darauf hin, dass sie in ihrer Bedeutung überschätzt werden.

Schlussfolgerungen:

Stereotype Vorstellungen in Bezug auf „fremde Kulturen“, die ja auf der Idee „homogene Gemeinschaften“ beruhen, sind ungeeignet kulturelle und soziale Vielfalt zu verstehen.

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