Werden die Bedürfnisse von Patienten hinsichtlich Gesundheitsberatung und Prävention von den Allgemeinpraxen erfüllt? Ergebnisse einer internationalen Fragebogenstudie (EUROPREVIEW Patient Study)

Mortsiefer, A. 1; Ludt, S.2; Brotons, C.3

1Abteilung für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Düsseldorf, 2Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Universitätsklinikum Heidelberg, 3EAP Sardenya, Barcelona

Einleitung:

Prävention und Gesundheitsberatung sollen in der Hausarztpraxis der Zukunft eine größere Rolle spielen. Über die Sichtweise der Patienten ist bisher wenig bekannt. Ziel dieser europäischen Fragebogenstudie ist die Evaluierung der patientenseitigen  edürfnisse sowie eine Abfrage der erhaltenen Präventionsangebote.

Methoden:

Multizentrische Fragebogenstudie in 23 Ländern. In jeweils 10 Hausarztpraxen pro Land wurden konsekutiv 40 Patienten zwischen 30 und 70 Jahren eingeschlossen. Die Validität des in die jeweiligen Landessprachen übersetzten Patientenfragebogens wurde durch Rück-Übersetzungen sowie Pilotierungen vor Ort überprüft. Es erfolgte eine Multilevel-Analyse mit Hilfe explorativer statistischer Verfahren.

Ergebnisse:

Von den insgesamt 7947 Patienten sahen 48% einen Verbesserungsbedarf für eine Gewichtsreduktion, 50% für verstärkte körperliche Aktivität und 20% für einen Rauchstopp. Jeweils ca. die Hälfte dieser Patienten erinnert kein aktives Ansprechen des Hausarztes auf ihre ungesunden Lebensstilfaktoren. Dabei zeigten sich keine wesentlichen Unterschiede zwischen Deutschland und dem übrigen Europa. Beim Unterstützungswunsch an den Hausarzt derjenigen Patienten, die einen Veränderungsbedarf sehen, zeigten sich signifikante Unterschiede zwischen Deutschland und dem übrigen Europa: Gewichtsreduktion 43% in Deutschland (vs. 64% in Europa), verstärkte körperliche Aktivität 26% (vs. 52%), Rauchstopp 47% (vs. 62%).    

Diskussion:

Im europäischen Vergleich wünschen sich deutsche Patienten seltener eine Unterstützung durch ihre Hausarztpraxis bei der Verbesserung von Lebensstilfaktoren, obwohl sie gleich häufig eine Veränderungsnotwendigkeit sehen und nicht seltener in der Sprechstunde auf diese Themen angesprochen werden. Ein mögliche Erklärung dafür ist, dass in Deutschland dieser Bedarf durch andere Angebote wie Selbsthilfegruppen oder Vereine gedeckt wird. Weiterhin ist denkbar, dass deutsche Patienten ihren Hausarzt als nicht kompetent oder nicht zuständig für diese Themen ansehen. Eine weitere Interpretation dieser Ergebnisse geht dahin, dass die in den meisten europäischen Ländern vorherrschende Organisationsform größerer primärärztlicher Gesundheitszentren beim Thema Lebensstilberatung einen Vorteil gegenüber Einzelpraxen oder kleinerer Gemeinschaftspraxen aufweisen.

Schlussfolgerungen:

Für die Verbesserung von Lebensstilfaktoren gibt es ein großes Veränderungspotential, dass von den Hausärzten besonders in Deutschland noch nicht ausrechend genutzt wird. Die Entwicklung hin zu größeren primärärztlicher Gesundheitszentren mit Einbeziehung des nichtärztlichen Personals in die Gesundheitsberatung bietet möglicherweise eine Chance für die Schaffung besserer Präventionsangebote zu Lebensstilfaktoren.

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