Laktoseintoleranz in der Hausarztpraxis

Ruth Magiera, Michael Pentzek, Heinz-H. Abholz, Cornelia-C. Schürer-Maly

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Einleitung

Die Prävalenz des Laktase-Mangel beträgt in Deutschland etwa 15%. Die Diagnose wird oft spät oder gar nicht gestellt. Ein sensibles Instrument zum Nachweis einer Laktoseintoleranz (LI) ist der Gentest auf die Mutation -13910CC im Laktose-Gen.

Fragestellung

  1. Wie häufig ist in Hausarztpraxen die Laktoseintoleranz bei Patienten mit ungeklärten Abdominalbeschwerden?
  2. Bessern sich die  Beschwerden bei Patienten mit einem positiven LI-Gentest (LI+) durch eine laktosefreie Diät?
  3. Welchen Effekte hat diese Diät bei Patienten mit einem negativen (LI-) Gentest

Methoden

In 24 Hausarztpraxen wurde vom Praxisinhaber anhand einer Symptomliste nach Patienten mit seit mindestens 4 Wochen bestehenden unklaren Abdominalbeschwerden aber ohne Diagnose LI gesucht. Alle Gefundenen erhielten einen LI-Gentest und anschließend für 8 Wochen eine laktosefreie Diät (auch die LI-Gentest negativen). Die Beschwerden wurden mittels eines standardisierten Fragebogens (Gastrointestinal Quality of Life Index, GIQLI, max. Punktzahl 144) bei Erstkontakt (GIQLI O), nach 4 (GIQLI 4Wo) und 8 (GiQLI 8Wo) Wochen erfasst. Die Veränderungen der Scores wurden in jeder Gruppe zwischen den Messzeitpunkten sowie zwischen beiden Gruppen verglichen. Es wurde eine intention to treat Auswertung vorgenommen.

Ergebnisse

Patienten

Es wurden 225 Patienten gefunden, 224 nahmen an der Studie teil, 211 waren auswertbar: 62 (29%) LI-Gentest positiv (LI+), 149 (71 %) LI-Gentest negativ (LI-).

Veränderung der Beschwerden (Scores) und prozentuale Einhaltung der Diät pro Gruppe

GIQLI 0 (MW±SD)GIQLI4Wo (MW±SD)GIQLI8Wo 
(MW±SD)
DiätDiät
Gesamt88±2068%111±2084%116±20
LI-Test pos86±2477%110±2088%116±24
LI-Test neg89±1958%112±2080%116±17


Im Laufe der Diät verbesserte sich der GIQLI in der Gesamtstichprobe signifikant (p=0,001). Diese Verbesserung war unabhängig von der LI-Gruppe; es gab keine signifikanten Unterschiede zwischen der GIQLI-Verbesserung in der LI-positiven Gruppe und der in der LI-negativen Gruppe (p = 0,856).

Schlussfolgerung

Bei knapp 30 Prozent der Patienten mit unklaren Abdominalbeschwerden lag ein positiver LI-Gentest vor, das ist doppelt so hoch wie die Prävalenz der Lactoseintoleranz. Eine laktosefreie Diät besserte die Beschwerden bei LI+ Patienten erwartungsgemäß, entsprechend pathophysiologischer Zusammenhänge.; überraschend ist aber der Effekt bei LI- Patienten.

Nimmt man an, dass bei den Patienten mit unklaren abdominellen Symptomen, die keine LI haben, viele Beschwerden psychosomatisch bedingt sind, so könnte eine Zuwendung zum Patienten , z.B. eine Diät, zu einer Besserung der Symptome führen. Diese unspezifische Wirkung könnte sich bei den LI+-Patienten zu der spezifischen addieren. Da wir aber einen solchen Effekt nicht beobachteten, schlussfolgern wir, dass in der LI+-Gruppe der unspezifische Effekt nicht „benötigt“ wurde, da 1) der spezifische wirksam werden konnte und 2) kein weiteres "psychosomatisch bedingtes" Zuwendungsbedürfnis vorlag. Sollten diese Ergebnisse in weiteren Studien bestätigt werden, wäre zu überlegen, ob bei allen Patienten mit unklaren abdominellen Beschwerden die probatorische Verordnung einer Diät einen lohnenden Therapieversuch darstellt.

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