AG Chronobiologie
Univ. Prof. Dr. phil nat. Charlotte von Gall
Einen besonderen Schwerpunkt der Abteilung Chronobiologie, bildet das zirkadiane System der Säugetiere. Das zentrale Element des zirkadianen Systems ist der zentrale zirkadiane Schrittmacher im Nucleus suprachiasmaticus (SCN) des Hypothalamus, der nahezu alle zirkadianen Rhythmen steuert. Dieser wird durch Licht, das in der Retina wahrgenommen wird, an die Umgebungsbeleuchtung angepasst und steuert seinerseits untergeordnete Oszillatoren in Gehirn und Peripherie. Wir interessieren uns vor allem für die Mechanismen der Synchronisation Tagszeitlicher Rhythmen durch Licht und zirkadianer Rhythmen im Gehirn. Insbesondere untersuchen wir, wie sich Störungen des zirkadianen Systems (Chronodisruption) auf Strukturen und Funktionen in Gehirn und anderen Geweben auswirken, wie sich neurodegenerative Erkrankungen auf das zirkadiane System auswirken und welche Wechselwirkungen sich daraus ergeben. Beim Menschen untersuchen wir mittels Wearables, welche Faktoren den Chronotyp und die Schlafphasen beeinflussen und wie die verschiedenen Schlafphasen vom zirkadianen System synchronisiert werden. Die Erkenntnisse aus diesen Forschungsprojekten bieten wichtige Grundlagen zur Weiterentwicklung von Therapien bei Chronodisruption bei gesunden Menschen sowie bei Menschen mit neurodegenerativen Erkrankungen.
Abb. 1 Das zirkadiane System der Maus
Das zirkadiane System der Maus ist hierarchisch organisiert und sehr komplex. Nahezu alle Gehirnregionen und Organe verfügen über ein molekulares Uhrwerk (Uhren), das die rhythmische Zellfunktion steuert. Die tageszeitliche Lichtinformation wird in der Retina wahrgenommen und an das Gehirn weitergeleitet (grüne Pfeile). Der zentrale zirkadiane Oszillator im Ncl. suprachiasmaticus (SCN) wird darüber mit der Umgebungszeit in Einklang gebracht. Er steuert seinerseits zirkadiane Rhythmen in Vorderhirn und Hypothalamus (hyp) (rote Pfeile) und somit zirkadiane Rhythmen in Kognition und Verhalten sowie in endokrinen Organen und im vegetativen Nervensystem. Rhythmische Signale aus endokrinen Organen und aus dem Magen-Darm Trakt modulieren tageszeitliche/zirkadiane Rhythmen der Hirnfunktion (blaue gestrichelte Pfeile).
(Grafik: Opfermann-Rüngeler).
Abb. 2 Schematische Aktogramme der spontanen rhythmischen Bewegungsaktivität von Mäusen
Unter Standardbedingungen (12 h Licht/12 h Dunkelheit) zeigt das Verhalten der Tiere einen tageszeitlichen Rhythmus, da der zirkadiane Oszillator im Einklang mit dem Licht/Dunkelrhythmus ist (Entrainment) und Licht die Aktivität der nachtaktiven Mäuse hemmt (Masking). Nur Mäuse mit einem intakten zirkadianen Oszillator (a), zeigen ein rhythmisches Verhalten mit einer Periodenlänge von ca 24 h (zirkadian) in konstanter Dunkelheit (DD). Bei Mäusen mit einem defekten zirkadianen Oszillator (b) ist das Masking intakt (intakte Lichtwahrnehmung vorausgesetzt), während in DD kein zirkadianer Rhythmus zu erkennen ist.