Molekulare Diagnostik

Untersuchungen zur minimalen Resterkrankung nach Induktionstherapie


In der Düsseldorfer Myelomstudie von 2001 kamen nur in der Erhaltungstherapie nach Hochdosistherapie (HDT) und autologer Blutstammzelltransplantation (PBSZT) „Neue Substanzen“ zum Einsatz während die Induktionsbehandlung vor HDT mit konventioneller Chemotherapie durchgeführt wurde. Um die Bedeutung der Induktionstherapie auf molekularer Ebene zu untersuchen, benutzen wir den bei allen Patienten mit B-Zellerkrankungen patientenspezifischen Immunglobulin Schwerkettenlokus (IgH) als molekularen Marker (reviewed by Fenk et al.[1]). Durch die Verwendung von allel-spezifischen Oligonucleotid-Primern (ASO), die komplementär zu der individuellen IgH Gensequenz gewählt wurden, konnte so mit einer quantitativen PCR die Anzahl der residualen Tumorzellen bestimmt werden. Bei Patienten mit Multiplen Myelom (MM) wurde diese Methode bisher verwendet, um die Effektivität von „Purging“-Verfahren von Leukaphereseprodukten zu bestimmen [2-5] oder die minimale Resterkrankung (minimal residual disease, MRD) nach HDT und autologer PBSZT [6-9] nachzuweisen. Dabei wurden von den verschiedenen Arbeitsgruppen unterschiedliche Methoden verwendet, wie die „limiting dilution“-Methode [10] und RQ-PCR [11-14] Verfahren. Die Bedeutung der MRD und ihrs Verlaufes während der Erkrankung ist jedoch zur Zeit bei Patienten mit MM nicht geklärt.

Wir etablierten eine IgH-RQ-PCR unter der Verwendung von ASO-Tagman Sonden auf dem LightCycler System, das folgenden Qualitätsmerkmalen entsprach: Sensitivität von mindestens 10-4, Linerarität von mindestes r = 0.98 über sechs Log-Stufen und Spezifität mit ausschließlich negativen Werten bei Verwendung anderer Patientenproben [1]. Damit führten wir Messungen an DNA aus Patientenproben aus dem Knochenmark durch. Eine Normalisierung der Werte gelang durch das „house-keeping“ Gen ß-Aktin und eine Quantifizierung wurde durch den Quotienten 1IgH/2ß-Aktin durchgeführt, der als „Ratio“ in Prozent angegeben wurde.

Wir zeigten, dass die MRD Menge im Knochenmark zum Zeitpunkt vor HDT und autologer PBSZT von prognostischer Bedeutung ist. Dieser Zeitpunkt wurde in allen bisherigen Arbeiten vernachlässigt, da eine MRD Bestimmung stets nach Abschluss der Therapie erfolgte. Während der Etablierung der Methode mit den ersten 10 Patienten machten wir die Beobachtung, dass bei 6 Patienten bereits eine Krankheitsprogression nach Therapie eingesetzt und dass alle diese Patienten im Knochenmark MRD Werte über 0,03% IgH/2ß-Aktin aufwiesen. Währenddessen war bei allen 5 Patienten, die weiterhin in Remission waren, niedrigere MRD Werte zu messen. Aufgrund dieser Beobachtung definierten wir einen Grenzwert von 0,03% IgH/2ß-Aktin mit prognostischer Bedeutung für das ereignisfreie Überleben.

Weitere Messungen wurden bei den Patienten durchgeführt, die in der Düsseldorfer Myelomstudie zur Primärtherapie von 2001 behandelt wurden. Von 111 Patienten in der Studie besaßen 80 Patienten einen IgG oder IgA Subtyp, bei dem die Untersuchung durchführbar ist. Bei 71 Patienten konnten Proben gesammelt werden und bei 53 Patienten konnte eine Patienten-spezifische RQ-IgH-PCR nach den oben genannten Kriterien etabliert werden. Die Messung der Knochenmarksproben zum Zeitpunkt vor HDT konnte dabei den zuvor definierten Grenzwert von 0,03 % IgH/2 ß-Aktin eindrucksvoll bestätigen. Die 53 Patienten konnten in eine Niedrig-MRD Gruppe (n=23) und eine Hoch-MRD Gruppe (n=30) eingeteilt werden, die sich hinsichtlich bekannter Prognosefaktoren und Remissionsstatus nicht signifikant unterschieden. Das ereignisfreie Überleben war in der Niedrig-MRD Gruppe signifikant verlängert. Auch für das Gesamtüberleben zeigte sich eine signifikante Verlängerung in der Niedrig-MRD Gruppe.

In der Multivariat-Analyse erwies sich der Grenzwert von 0,03 % als Prognosefaktor, der unabhängig war von bekannten Prognosefaktoren wie der Zytogenetik oder dem Stadium nach dem „International Staging System“. Er war ebenfalls unabhängig von der nach HDT durchgeführten Erhaltungstherapie. Damit handelt es sich bei diesem Grenzwert nicht um irgendeinen neuen prognostischen Parameter, sondern um einen Parameter der zusätzliche Informationen neben den herkömmlich etablierten Prognoseparametern bietet. So konnte beispielsweise ein niedriger MRD-Grenzwert bei 5 Patienten die ungünstige Prognose von Chromosomenaberrationen zum Teil aufheben.

Darüber hinaus konnte durch die Kombination von MRD Befunden vor und nach HDT und autologer PBSZT ein Risikomodell zum ereignisfreien Überleben mit drei Patientengruppen etabliert werden. Patienten mit niedriger MRD vor und nach HDT hatten dabei die beste Prognose mit einem ereignisfreien Überleben von 51 Monaten. Patienten mit einer hohen MRD vor Hochdosistherapie, aber einer Konversion zu niedrigen MRD-Werten nach Hochdosistherapie gehörten zu einer Gruppe mit intermediärer Prognose und einem ereignisfreien Überleben von 27 Monaten. Währenddessen hatten Patienten mit hohen MRD Werten vor und nach HDT die schlechteste Prognose und eine Remissionsdauer von nur 14 Monaten.

Zusammenfassend kommt der MRD im Knochenmark vor HDT eine wichtige Rolle zu. Die Einstufung als Risikopatient bedingt die Notwendigkeit, eine intensivierte Induktionstherapie durchzuführen.


Reference List

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