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Gelb markierte Astrozyten (mittels Immunfluoreszenzmarkierung) in regenerierendem Maushirngewebe exprimieren eine vielversprechende Proteinmarkerkombination (C3d und S100a10), die zu einem zellulären Phänotyp führt, der die Myelinreparatur fördert.

Von: P. Küry, Redaktion

Neuroregeneration bei Multipler Sklerose: neue beteiligte Zellen und Medikament identifiziert

Es gibt derzeit keine Behandlung, die Geweberegeneration und funktionelle Wiederherstellung im erwachsenen Zentralnervensystem (ZNS) - im Gehirn und im Rückenmark - nach einer Verletzung oder Krankheit bewirkt. Die Regeneration im ZNS ist ein seltenes Ereignis und stark auf den Ersatz sogenannter oligodendroglialer Zellen und der elektrisch isolierenden Elemente der Nervenfasern, Myelinscheiden genannt, beschränkt. Dies gilt auch für die Krankheit Multiple Sklerose (MS), die weltweit Millionen von Menschen betrifft und zu einer lebenslangen und fortschreitenden Beeinträchtigung führt. Das Forschungsteam von Prof. Patrick Küry an der Klinik für Neurologie des Universitätsklinikums Düsseldorf beschreibt nun in dem Fachjournal Lancet EBioMedicine, dass das Kortikosteroid Medryson den Ersatz verlorener oligodendroglialer Zellen hochwirksam fördert und auch die Wiederherstellung von Myelinscheiden und damit die elektrische Isolierung von Axonen verbessert.

In ihrem neuesten Forschungsartikel um den Erstautor Markley Silva Oliveira Junior, einen begabten Doktoranden aus Brasilien in der Düsseldorfer Arbeitsgruppe, überraschte die Beobachtung im Mausmodell, dass der Regenerationseffekt durch Medryson über einen völlig unerwarteten Zelltyp vermittelt wird – die Astrozyten.

In ihrer Studie konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erstmals zeigen, dass Astrozyten in Situationen, in denen Myelinstrukturen beschädigt sind, spezifisch reagieren und in vielen verschiedenen Subtypen auftreten. Einige dieser Phänotypen versuchen, lokale Gewebereparaturaktivitäten zu unterstützen, andere sind eher auf eine stärkere Gewebezerstörung ausgerichtet und tragen sogar zusätzlich zur Läsionsbildung bei. Es wurde ein hochkomplexes und dynamisches Verhalten beobachtet, das jedoch durch das Medryson-Medikament in Richtung schützende und regenerative Zellen und zur „Zähmung“ neurotoxischer Astrozytenpopulationen gelenkt werden kann. Diese Ergebnisse sind unerwartet und neu auf dem Gebiet der Neuroregeneration bei MS und wurden aktuell in Lancet EBioMedicine veröffentlicht.

Küry und Team untersuchen seit vielen Jahren regenerative Prozesse mit dem Ziel, neue Aspekte, Zellreaktionen und pharmakologische Substanzen zur Verbesserung der Regenerationseffizienz zu identifizieren.

Originalpublikation:

Silva Oliveira-Junior, M., Schira-Heinen, J., Reiche, L., Han, S., de Amorim, V.C.M., Lewen, I., Gruchot, J., Göttle, P., Akkermann, R., Azim, K., and Küry, P. (2022) Myelin repair is fostered by the corticosteroid medrysone specifically acting on astroglial subpopulations. EBioMedicine 83:104204. doi: 10.1016/j.ebiom.2022.104204. (Online ahead of print). PubMed

Quelle: HHU (Copyright 2022)

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