Leistenhernie
Erkrankung
Eine Leistenhernie (=Leistenbruch) ist ein Vorfall von inneren Organen (z.B. Darm, Eierstock oder Fettgewebe) durch eine Lücke in der Bauchwand. Bei Kindern handelt es sich dabei fast ausschließlich um eine sogenannte „indirekte Hernie“. Bei der „indirekten Hernie“ ist die Bruchlücke der innere Leistenring. Der innere Leistenring ist der Eingang zum sogenannten Processus vaginalis, einer Verbindung von Bauchraum und Hodensack bzw. großer Schamlippe. Bei unzureichendem Verschluss des Processus vaginalis kann es zu einem Vorwölben von inneren Organen in genau diese Verbindung kommen. In seltenen Fällen kann es auch zu weiteren Formen von Leistenbrüchen kommen, deren Bruchlücke an anderer Stelle liegt.
Die Leistenhernie ist die häufigste kinderchirurgische Erkrankung im Kindesalter. Jungen sind fünfmal häufiger betroffenen als Mädchen. Die Frühgeburtlichkeit, ein Hodenhochstand, erhöhter Druck im Bauchraum (z.B. durch eine chronische Bronchitis) oder Erkrankungen, die mit einer Schwäche des Bindegewebes einhergehen, sind begünstigende Faktoren für das Auftreten einer Leistenhernie.
Leistenhernien können einseitig und beidseitig auftreten. Zu beachten ist, dass auch ein zeitlich versetztes Auftreten von einseitigen Leistenhernien möglich ist. Das bedeutet, dass ein Patient z.B. zunächst auf der rechten Seite eine Leistenhernie haben kann und im Verlauf von Tagen, Wochen, Monaten oder gar Jahren auf der gegenüberliegenden Seite eine Leistenhernie bekommen kann (sogenannte metachrone Leistenhernie der Gegenseite).
Eine asymptomatische Leistenhernie ohne Schmerzen mit passagerer, spontan regredienter Schwellung bei Entspannung ist zunächst ungefährlich. Die Gefahr besteht in der möglichen Inkarzeration (=dem Einklemmen) innerer Organe in der Bruchlücke. Dies zeigt sich u.a. durch Schmerzen, eine harte nicht zurückschiebbare Schwellung oder Blut im Stuhl.
Behandlungskonzept
Im Regelfall erhalten Sie einen Termin in unserer allgemeinen kinderchirurgischen Sprechstunde. Es erfolgt die Anamnese, eine klinische Untersuchung und ggf. eine ergänzende Ultraschalluntersuchung. Bei Notfällen erfolgt die Vorstellung über die hiesige Kindernotaufnahme.
Eine Leistenhernie muss operativ versorgt werden, da ein spontaner Verschluss ausgeschlossen ist. Im Regelfall erfolgt die gemeinsame Planung eines OP-Termins für die darauffolgenden Wochen. Eine Sonderstellung nehmen Säuglinge ein, diese werden möglichst zeitnah -innerhalb einer Woche- von uns operativ versorgt. Bei eingeklemmter Leistenhernie erfolgt zunächst ein manueller Repositionsversuch. Ist die Reposition der Leistenhernie nicht möglich, erfolgt die unmittelbare operative Versorgung.
Es bestehen grundsätzlich zwei operative Versorgungsmöglichkeiten: die offene und die minimalinvasive Versorgung. Beide Verfahren sind als ebenbürtig anzusehen.
Offene Leistenherniotomie: Über einen kleinen Hautschnitt in der betroffenen Leiste wird der Leistenkanal eröffnet und die Bruchlücke mit resorbierbarem (=selbstauflösendem) Nahtmaterial verschlossen. Sämtliches Nahtmaterial für den Wundverschluss ist im Regelfall resorbierbar, sodass kein Fadenzug notwendig ist. Eine antibiotische Prophylaxe ist im Regelfall nicht notwendig.
Die offene Leistenherniotomie kann im Regelfall als ambulante OP erfolgen. Zudem ist bei bestimmten Patienten auch eine Regionalanästhesie ohne Vollnarkose möglich. Bei beidseitigen Leistenhernien ist auch eine beidseitige Öffnung der Leisten notwendig. Ein nicht symptomatischer offener innerer Leistenring der Gegenseite kann bei dieser OP-Methode nicht erkannt und prophylaktisch operativ verschlossen werden.
Minimalinvasive, laparoskopische Hernioraphie: Es erfolgt eine Bauchspiegelung über eine 3 mm bzw. 5 mm-Kamera. Bei Bedarf wird ein zusätzliches 3 mm-Arbeitsinstrument über einen weiteren Arbeitskanal im Mittelbauch eingebracht. Es werden nun beide Leistenregionen inspiziert. Dadurch kann u.a. ein asymptomatischer, offener innerer Leistenring der Gegenseite identifiziert und in derselben Operation prophylaktisch verschlossen werden. Über eine minimale Inzision direkt über dem betroffenen Leistenring wird nun in einer Rendezvous-Technik eine nicht resorbierbare Fadenschlaufe um den offenen Leistenring gelegt, zugezogen, geknotet und somit die Leistenhernie verschlossen. Eine antibiotische Prophylaxe ist im Regelfall nicht notwendig. In Einzelfällen empfehlen wir einen präoperativen (=vor der Operation) Einlauf bei Kindern mit Verstopfungsneigung.
Die minimalinvasive operative Versorgung erfolgt über sehr kleine Schnitte. Eine beidseitige Versorgung bedarf keiner zusätzlichen Zugänge. Auch ist bei der beidseitigen operativen Versorgung die OP-Zeit im Regelfall kürzer als bei der offenen Operation. Neben dem prophylaktischen Verschluss eines asymptomatischen offenen inneren Leistenrings ist auch die Identifikation von seltenen kindlichen Leistenhernien-Formen (z.B. einer direkten Leistenhernie) möglich. Die Bauchspiegelung bedarf immer einer Vollnarkose.
Bei jedem Patienten erfolgt eine ausführliche Beratung bezüglich der im individuellen Fall möglichen OP-Methoden. Zudem erfolgt eine anästhesiologische Aufklärung durch die Kollegen der Klinik für Anästhesie.
Nachbehandlung
Die Nachbehandlung erfolgt durch den Kinderarzt. Zwei bis drei Tage nach der Operation soll eine Wundkontrolle stattfinden. Der Kindergarten- und Schulbesuch sind bei körperlichem Wohlbefinden unmittelbar nach Entlassung möglich. Wir empfehlen eine trockene Wundbehandlung für 7 Tage. Ein feuchtes Abwaschen bei Verschmutzungen ist jederzeit möglich. Mit einem Duschpflaster kann sofort geduscht werden. Auf Baden und Schwimmen sollte 14 Tage verzichtet werden. Wir empfehlen je nach Alter für 3-4 Wochen auf Sport zu verzichten.
Ansprechpartner
Max Samans Assistenzarzt | Bastian Hantschk Oberarzt |
maxarno.samans@med.uni-duesseldorf.de | bastian.hantschk@med.uni-duesseldorf.de |