Fluoreszenz gestützte Chirurgie

Grundlagen

Die Fluoreszenz-gestützte Chirurgie beruht auf der Verwendung eines fluoreszierenden Farbstoffes, welcher durch eine spezielle OP-fähige Nah-Infrarotlichtkamera (Englisch: near- infrared, kurz: NIR) fluoresziert und somit sichtbar gemacht wird.

Bei dem Farbstoff handelt es sich um Indocyaningrün (ICG), welches bereits seit den späten 1950er Jahren in der Medizin im Einsatz ist. Der Farbstoff wird über einen venösen Zugang oder direkt in eine spezifische anatomische Struktur (z. B. in einen Harnleiter oder Gewebe) injiziert. Abhängig von der Lokalisation der Applikation, wird der Farbstoff abtransportiert (z. B. über das Blut, die Lymphbahnen oder den Urin). Im Blut bindet der Farbstoff an dort zirkulierende Proteine und wird in der Leber abgebaut und letztlich über die Galle ausgeschieden. Zusätzlich zur Art der Injektion, spielt auch der Zeitpunkt der Gabe des ICGs eine entscheidende Rolle für das intraoperative Bild der Fluoreszenzfärbung. Bei manchen Fragestellungen muss der Farbstoff bereits über zwölf Stunden vor der Operation verabreicht werden, bei anderen hingegen erst während des eigentlichen Eingriffs.

Wir verwenden die Fluoreszenz-gestützte Chirurgie als Ergänzung zu der „klassischen“, minimalinvasiven Chirurgie. Die Prinzipien der „klassischen“, minimalinvasiven Chirurgie bleiben bestehen. Die neueste Technik ermöglicht die Anwendung der Fluoreszenz, indem das „normale“ Weißlicht-Operationsbild und das Bild der Nah-Infrarotlichtkamera in Echtzeit übereinandergelegt werden (siehe Abbildung 2).

Abbildung 1: Grün fluorsezierender Gallenblasengang, welcher eindeutig vom umgebenden Leber- und Fettgewebe abgegrenzt werden kann.

Nutzen:

Die Verwendung von ICG in der Kinderchirurgie gewinnt zunehmend an Aufmerksamkeit in der wissenschaftlichen und operativen Praxis.

Mögliche Vorteile der fluoreszenz-gestützten Chirurgie:

  • Bessere Darstellung von Gefäßen, Gewebe- bzw. Organgrenzen, spezifischen anatomischen Strukturen (z. B. Harnleiter) und Tumorgewebe.
  • Verringerung von Komplikation durch die verbesserte Visualisierung.
  • Verkürzung der Operationszeit durch schnellere und gezieltere Identifikation von Gewebestrukturen.

Anwendungsgebiete

Als universitäre Kinderchirurgie setzen wir zunehmend die Fluoreszenz-gestützte Chirurgie ein. Beispielsweise wird die Gallenblasenentfernung mittlerweile bei uns standardmäßig mittels Fluoreszenz-gestützter Laparoskopie vorgenommen.

Die Technik kann u. a. bei den folgenden Operationen eingesetzt werden:

  • Hodenkrampfader-OP, dem sog. laparoskopischen Varikozelen-Clipping.
  • Nierenteilentfernung, der sog. laparoskopischen Heminephrektomie.
  • Teilentfernung der Milz.
  • Eingriffen im Brustkorbraum (z. B. relevanten Lymphleckagen, dem sogenannten Chylothorax).
  • Krebs-Operationen (z. B. Tumorentfernung).
  • Notfall-Operationen, bei denen die Durchblutungssituation genau beurteilt werden muss. 

Abbildung 2: Hodenkrampfader-Operation (sog. Varikozelen-Clipping). Durch die Fluoreszenztechnik können die Blutadernkontrolliert durchtrennt („geclipped“) werden, ohne dabei die grün fluoreszierenden Lymphbahnen zu verletzen.

Behandlungsablauf

Je nach Problematik, erfolgt zunächst die Vorstellung in unserer kinderchirurgischen Sprechstunde. Wenn eine Operation notwendig ist, bei der die Fluoreszenz-Technik in Frage kommt, werden Sie hierüber aufgeklärt. Vor einer Anwendung des Fluoreszenz-Technik, wird eine Checkliste angelegt. Auf der Checkliste werden die genaue Dosis an Farbstoff, die Applikationsform (z. B. intravenöse Gabe) und der Zeitpunkt der Injektion(en) festgelegt. 

Das Vorgehen nach der Operation unterscheidet sich nicht zur „klassischen“, minimalinvasiven Operationstechnik.

Kontraindikationen

Die Kontraindikationen der Fluoreszenz-gestützten minimalinvasiven Chirurgie unterscheiden sich nicht von der „klassischen“ minimalinvasiven Chirurgie.

Bei der Verwendung des Fluoreszenzfarbstoffes müssen jedoch bestehende Allergien als auch mögliche Arzneimittelinteraktionen beachtet werden.

Allergien gegen Indocyanaingrün, Natriumjodid oder Jod, KrustentiereJaNein
SchilddrüsenüberfunktionJaNein
Schlecht vertragene vorangegangene Indocyanangrün InjektionJaNein
Früh/Neugeborenen mit bestehender HyperbilirubinämieJaNein

Abbildung 3: Beispielhafter Auszug aus unserer präoperativen Checkliste.

Ausblick

Die Fluoreszenz-gestützte Chirurgie ist, u. a. neben der fortschreitenden Minimalisierung der Kinderchirurgie (z. B. Single-Port Chirurgie), 3D-Laparoskopie und der robotischen Kinderchirurgie, ein aktuelles Entwicklungsfeld in der Kinderchirurgie. Die Technik untersteht der laufenden wissenschaftlichen Evaluation.

Wir freuen uns über Fragen, kollegialen Austausch und stehen Ihnen dafür gerne zur Verfügung.

Ansprechpartner

               


Max Samans                Bastian Hantschk                 S. Peggion

Assistenzarzt               Oberarzt                              Oberärztin

E-Mail:

MaxArno.Samans@med.uni-duesseldorf.de

Bastian.Hantschk@med.uni-duesseldorf.de

Sara.Peggion@med.uni-duesseldorf.de

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