Endometriose
Projektleitung:
Prof. Dr. Tanja Fehm; Prof. Dr. Hans Neubauer
Wissenschaftler*innen:
Jasmina Hoffe, Juhee Kim
Von Endometriose sind etwa 190 Millionen Frauen im gebärfähigen Alter betroffen (WHO, 2023). Es handelt sich um eine chronische Erkrankung, bei der Endometriosezellen aus der Gebärmutter an andere Orte im Körper wandern. Da der Bestimmungsort dieser Zellen und die daraus resultierenden Symptome variieren, dauert die Diagnose der Endometriose sehr lange, manchmal bis zu 7-10 Jahre (Swift et al., 2024). In der Endometrioseforschung sind sich die Wissenschaftler bisher einig, dass die plausibelste Erklärung dafür, wie Endometriumzellen sich außerhalb der Gebärmutter ansiedeln, ein Prozess namens „Retrograde Menstruation“ ist (França et al., 2022). Dabei fließt das Menstruationsblut über die Eileiter in das Peritoneum anstatt aus der Vagina. Die im Menstruationsblut enthaltenen Gebärmutterschleimhautzellen gelangen nicht nur in die oberen Organe des weiblichen Fortpflanzungssystems, sondern können auch in die Peritonealflüssigkeit austreten und dann weiter in andere Organe wandern. Diese Theorie alleine erklärt jedoch nicht Fälle, bei denen die Endometriose nach einer Hysterektomie auftritt, seltene Fälle von Endometriose bei Männern, die eine Östrogentherapie gegen Prostatakrebs erhalten, oder bei Menschen, die mit dem Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser (MRKH)-Syndrom geboren wurden (Maruyama et al. 2012, Schrodt et al., 1980, Konrad et al., 2019). Die Symptome der Krankheit können die Lebensqualität erheblich einschränken, z. B. chronische Beckenschmerzen, schmerzhafte Menstruationsbeschwerden, schmerzhafter Geschlechtsverkehr und vieles mehr. Ein Symptom, das vielen Frauen und Paaren großen Kummer bereitet, ist die Unfruchtbarkeit.
Das vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMBFTR) geförderte Projekt EndoFERT widmet sich dem Zusammenhang zwischen Endometriose, Unfruchtbarkeit und ungünstigen Schwangerschaftsverläufen. Ziel ist es, die molekularen Mechanismen der Erkrankung umfassend zu verstehen und daraus innovative diagnostische und therapeutische Ansätze abzuleiten, um die Lebensqualität betroffener Frauen nachhaltig zu verbessern.
Ein zentraler Schwerpunkt liegt auf der Integration von Patientendaten und biologischen Proben in eine zugängliche Forschungsplattform. Diese soll die translationale Forschung beschleunigen, neue Biomarker identifizieren und personalisierte Therapien ermöglichen.
Zur Analyse von Zellinteraktionen und molekularen Mechanismen kommen modernste Technologien zum Einsatz:
Räumliche Transkriptomik und Proteomik
Liquid Biopsies zur nicht-invasiven Diagnostik
CRISPR/Cas für funktionelle Genstudien
Computational Pathology mit KI-gestützter Auswertung histologischer Daten
Darüber hinaus werden innovative Krankheitsmodelle entwickelt, darunter 3D-Organoide und Co-Kulturen, um die Pathophysiologie realitätsnah zu simulieren. Ziel ist es, invasive Verfahren wie Laparoskopien perspektivisch durch nicht-invasive Tests zu ersetzen.
Unsere Forschungsgruppe konzentriert sich insbesondere auf zirkulierende Endometriumzellen (CECs) und extrazelluläre Vesikel (EVs) im Blut von Endometriosepatientinnen. Diese könnten als Grundlage für einen spezifischen, minimal-invasiven Diagnostiktest dienen, der auch eine gezieltere Therapieplanung ermöglicht.
Die Methodik umfasst unter anderem:
Analyse von Blut- und Gewebeproben
Kultivierung und Untersuchung von 3D-Organoiden
Anwendung des CAM-Modells (Chorioallantoismembran)
Multi-Omics-Ansätze (Sequenzierung, Proteomik, Transkriptomik)
Mit EndoFERT soll ein entscheidender Schritt hin zu einer frühzeitigen, präzisen und schonenden Diagnose sowie zu nebenwirkungsärmeren Therapien für Endometriose erreicht werden.

