Neurogene Dysphagie (AG Labeit)
Unsere Arbeitsgruppe befasst sich mit Schluckstörungen (Dysphagien) in der Neurologie, die häufig bei Schlaganfall, Parkinson, Demenz, neuromuskulären sowie neuroinflammatorischen Erkrankungen auftreten. Dysphagien beeinträchtigen nicht nur die Lebensqualität der Betroffenen, sondern können auch Komplikationen wie Lungenentzündungen und Mangelernährung verursachen – mit erhöhter Sterblichkeit als Folge.
Unser übergeordnetes Ziel ist es, die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit neurologisch bedingter Dysphagie zu verbessern, Komplikationen zu reduzieren und die Lebensqualität nachhaltig zu steigern.
Ein zentraler Schwerpunkt unserer Forschung liegt in der Untersuchung grundlagenwissenschaftlicher Aspekte des neuromuskulären Schluckvorgangs – sowohl in Bezug auf die zentrale Steuerung als auch auf periphere Mechanismen. Mithilfe bildgebender Verfahren wie funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRI) und Magnetoenzephalographie (MEG) erforschen wir in enger Kooperation mit dem Institut für Klinische Neurowissenschaften die neuronalen Grundlagen des Schluckens. Ein besonderes Interesse gilt dabei der Neuroplastizität als möglichem kompensatorischen Mechanismus in der Dysphagie-Rehabilitation. Ziel ist es, den gezielten Einsatz innovativer Neurostimulationsverfahren wie transkranieller Magnetstimulation (TMS), transkranieller Gleichstromstimulation (tDCS), pharyngealer Elektrostimulation (PES) sowie pharmakologischer sensorischer Stimulation zu ermöglichen.
Darüber hinaus kooperieren wir mit neuroimmunologischen Forschungsgruppen am Standort, um immunhistochemische und proteomische Analysen durchzuführen. Dabei stehen die Charakterisierung peripher aktiver Neuropeptide sowie die Untersuchung des oralen Mikrobioms im Speichel im Vordergrund – mit dem Ziel, Dysphagie und ihre Folgekomplikationen besser zu verstehen.
Ein weiterer Forschungsschwerpunkt liegt im Bereich der klinischen Forschung, insbesondere der präzisen Diagnostik mittels Flexibler Endoskopischer Evaluation des Schluckens (FEES). Wir analysieren unterschiedliche Dysphagie-Phänotypen, um sowohl neurologisch-differenzialdiagnostische Aspekte zu identifizieren als auch individuell angepasste, störungsspezifische Therapien zu entwickeln. Unser Fokus reicht dabei von krankheitsspezifischen Validierungen und Untersuchungsprotokollen bis hin zur transdiagnostisch-geriatrischen Perspektive mit besonderem Augenmerk auf altersassoziierte Dysphagiemechanismen.
Aktuelle Forschungsprojekte (Auswahl):
- Charakterisierung biologischer, klinischer und neuronaler Kompensationsmechanismen der Parkinson-Dysphagie
- KI-gestützte Therapiesteuerung
- Dysphagie im Zusammenhang mit dem Schlucken von Medikamenten
- Proteomics des Speichels: Identifikation von Biomarkern zur Kontextualisierung des Dysphagiemanagements
- Untersuchung intraindividueller Variabilitäten bei Dysphagie-Befunden
Barrierefreiheit von Menschen mit Schluckstörungen
Abbildung: Die Illustration zeigt innovative Therapien zur Behandlung von Dysphagie, die gezielt an verschiedenen Ansatzpunkten im neuromuskulären Schluckprozess wirken.
A: Transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS) zur Förderung der kortikalen Neuroplastizität. Durch die gezielte Stimulation der Hirnrinde mit Strom können neuronale Veränderungen angeregt werden, die eine verbesserte Schluckfunktion unterstützen.
B: Transkranielle Magnetstimulation zur Förderung der kortikalen Neuroplastizität. Diese Therapie ziehlt darauf ab, durch magnetische Stimulation des Gehirns neuroplastische Prozesse zu befördern und somit die Schluckfunktion zu verbessern.
C: Pharyngeale Elektrostimulation als sensorischer Stimulus. Die Stimulation der Schluckmuskulatur im Pharynx durch elektrische Impulse kann sensorische Signale senden, die das Schlucknetzwerk modulieren und die Schluckfunktion postitiv beeinflussen.
D: Neuromuskuläre elektrische Stimulation der peripheren Schluckmuskulatur. Durch die gezielte Stimulation der peripheren Schluckmuskulatur kann die Muskelkraft begünstigt werden.