Infantile Cerebralparese


Ein besonderer Schwerpunkt unserer klinischen Tätigkeit stellt die Behandlung von Kindern mit einer infantilen Cerebralparese (ICP) dar. Bei der ICP handelt es sich um eine nicht fortschreitende Schädigung des Gehirns, die während der Schwangerschaft, bei Geburt oder in der Phase danach eingetreten ist. Typischer Weise führt diese Schädigung zu Problemen mit der Motorik; meistens haben die Kinder einen erhöhten Muskeltonus (Spastik).

Unter Spastik versteht man, dass ein schneller Dehnreiz auf den Muskel mit einer Muskelanspannung beantwortet wird. Beispielsweise, wenn das Ellenbogengelenk aus der gebeugten Stellung schnell in eine Streckstellung gebracht wird (entspricht Dehnung der Ellenbogenbeuger), kommt es zu einer Aktivierung der Ellenbogenbeuger und das Kind beugt das Ellenbogengelenk.

Das Problem dabei ist, dass die Muskeln dadurch in ihrem Längenwachstum behindert werden: während der Knochen länger wird, bleiben die Muskeln im Wachstum zurück, da für sie der notwendige Wachstumsreiz eine Dehnung ist. Es kommt zu einer Muskelverkürzung, der Bewegungsumfang der Gelenke wird dadurch eingeschränkt und es können sich Knochen- und Gelenkfehlstellungen entwickeln.

In Abhängigkeit von dem Ausmaß und der Lokalisation der Schädigung des Gehirns zeigen sich bei den Kindern sehr unterschiedliche klinische Erscheinungsbilder: manche zeigen nur eine ganz geringe Funktionsbeeinträchtigung (z.B. Spitzfuß), andere sind nur mit Gehhilfen gehfähig und wieder andere sind schwerst betroffen und können lediglich in den Rollstuhl mit speziellen Vorrichtungen gesetzt werden.

Ziel unserer Bemühungen ist es, gemeinsam mit Ihnen die individuellen Probleme ihres Kindes zu erkennen und Therapieziele zu definieren. Dabei geht es vorwiegend um die Verbesserung bzw. den Erhalt funktioneller Fähigkeiten (z.B. des Gehens), die Verbesserung der Pflegesituation und um die Behandlung von Beschwerden (z.B. bei Hüftluxation). Die Verbesserung der Lebensqualität für Ihr Kind und die gesamte Familie steht dabei im Vordergrund.

Zur Diagnostik der funktionellen Beeinträchtigung steht uns ein hochmodernes Ganglabor zur Verfügung. Dadurch kann das Gangbild der Kinder in allen 3 Ebenen des Raumes exakt analysiert werden. Wir erhalten Informationen zum Bewegungsablauf, zur Aktivität einzelner Muskeln während des Gehens sowie Informationen über physikalische Größen, die das Gehen überhaupt erst ermöglichen. Auf der Grundlage dieser umfassenden Analyse können die Therapiekonzepte und insbesondere die operativen Maßnahmen exakt geplant werden und ihr Erfolg überprüft werden.

Das Ganglabor

Zur Erlangung der zusammen mit Ihnen festgelegten Ziele stehen verschiedene therapeutische Möglichkeiten zur Verfügung, die üblicher Weise in Kombination eingesetzt werden. Dazu zählen unter anderem: Krankengymnastik, orthopädietechnische Versorgung mit Orthesen und anderen Hilfsmitteln, Medikamente wie beispielsweise Botulinumtoxin, Gipsbehandlungen sowie operative Maßnahmen. Dabei ist uns ein interdisziplinärer Ansatz und der Austausch zwischen den verschiedenen Bezugspersonen (Eltern, Kinderärzte, Orthopäden, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Orthopädietechniker) sehr wichtig. Regelmäßig finden daher auch gemeinsame Sprechstunden mit unseren Kollegen aus dem Sozialpädiatrischen Zentrum statt.

Das Spektrum der modernen konservativen wie operativen Therapiemöglichkeiten wie Botulinumtoxin-Injektionen, Baclophen-Pumpen, Multilevel-Operationen (Muskelverlängerungen, Muskel-Sehnen-Verpflanzungen (-Transfers) und -verkürzungen, Korrektureingriffe an Knochen und Gelenken) sowie die Korrektur von Wirbelsäulenverkrümmungen kommen dabei regelmäßig zum Einsatz.

Insbesondere bei Schwerst-Betroffenen tritt häufig eine Luxation (Ausrenken) des Hüftgelenks auf. Dies führt bei den meisten Patienten im Verlauf zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Lebensqualität mit Schmerzen und Problemen beim Sitzen sowie der Pflege; ist nur eine Hüfte betroffen fördert dies die Entwicklung einer Wirbelsäulenverkrümmung (Skoliose). Idealerweise wird durch konservative Maßnahmen und eventuell kleinere Weichteileingriffe eine Hüftluxation verhindert. Zeigen Röntgenbilder jedoch eine sich entwickelnde oder bereits statt-habende Ausrenkung des Hüftgelenks, ist zum Erhalt der Lebensqualität eine Hüftoperation empfohlen, bei der der Hüftkopf wieder in die Pfanne gebracht (Reposition) und durch einen knöchernen Eingriff an der Hüftpfanne und am Oberschenkelknochen im Gelenk gehalten wird. Nach solch einer Operation ist eine gute Nachbehandlung für das Therapieergebnis sehr wichtig.

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