Tumore
Behandlung von Tumorerkrankungen im Kindesalter
Knochentumoren im Kindes- und Jugendalter sind äußerst seltene Erkrankungen. Bösartige Knochengeschwülste sind noch seltener und machen etwa 1% aller bösartigen Tumoren in der 1. und 2. Lebensdekade aus. Dies bedeutet, dass in der Praxis eines Kinder- oder Hausarztes ein Knochentumor eine Rarität darstellt, die ihm ein- bis zweimal im Jahr begegnet. Gerade wegen der Seltenheit der Knochentumoren wird oft nicht an eine Knochengeschwulst gedacht und es kommt so zu Verzögerungen in der Diagnosefindung. Wesentlich häufiger als die bösartigen (malignen) Knochenneubildungen sind die gutartigen (benignen) Knochentumoren. Noch seltener als Knochentumoren im Kindes- und Jugendalter sind Weichteiltumoren. Sie kommen in diesem Alter v.a. bei Systemerkrankungen oder als angeborene Fehlbildungen vor. Die Diagnosestellung und Therapie dieser seltenen Veränderungen erfordert viel Erfahrung und das Spezialwissen verschiedener Fachdisziplinen.
An der Orthopädischen Klinik besteht eine enge Kooperation mit zahlreichen Instituten und Kliniken (Kinderklinik, Radiologie, Pathologie, Nuklearmedizin) des Universitätsklinikums, um das Spektrum der diagnostischen und therapeutischen Verfahren bei Tumoren vollständig und kompetent anbieten zu können.
Die Diagnosefindung
In der Phase des stärksten Knochenwachstums und der stärksten Modellierungsvorgänge am Knochen treten auch die meisten gutartigen und bösartigen Tumoren auf bzw. werden symptomatisch. Neben der lokalen Schwellung ist ein Symptom mit dem sich unsere Patienten in der Ambulanz vorstellen der Schmerz und hier v.a. der Nachtschmerz.
Es stehen uns in unserer Klinik in Zusammenarbeit mit der Klinik für pädiatrische Onkologie (Prof. Dr. Borkhardt), dem Institut für Diagnostische Radiologie (Prof. Dr. Antoch), dem Institut für Pathologie (Frau Prof. Dr. Esposito) und der Klinik für Nuklearmedizin (Prof. Dr. Müller) alle Möglichkeiten einer Klinik der Maximalversorgung zur Verfügung, um eine Diagnose zu sichern. Ein täglicher praktischer Vorteil für unsere Patienten ist hier die zuverlässige und schnelle Entscheidung durch „kurzen Wege“.
Die erste und zugleich wichtigste Untersuchung besteht in der Röntgenuntersuchung des betroffenen Bereichs. Hier kann bereits in manchen Fällen eine Diagnose gestellt werden. In der Abteilung für Kinderradiologie unserer Kinderklinik ist dann eine weitere bildgebende Diagnostik mit Computertomographie (CT) und Kernspintomographie (MRT) möglich. Wichtige Erkenntnisse zur Aktivität des Prozesses erlangen wir zudem durch die Skelettszintigraphie in unserer Nuklearmedizin. In letzter Zeit gewinnt zunehmend die FDG-Positronenemissionstomographie (FDG-PET) zur Darstellung des veränderten Gewebes ein praktische Rolle.
Die Gewebe-Biopsie:
Die Gewebe-Biopsie ermöglicht in der Zusammenschau mit der zuvor erfolgten laborchemischen und bildgebenden Diagnostik dem spezialisierten Pathologen die Diagnose. Hieraus ergibt sich die weitere Therapie. Eine Probeentnahme sollte somit idealer Weise an dem Zentrum durchgeführt werden, bei dem auch die Konsequenz des Ergebnisses -nämlich die Therapie- durchgeführt werden kann. Eine unklug durchgeführte Probeentnahme kann zu irreparablen Konsequenzen führen, die z.B. einen Extremitätenerhalt unmöglich machen und die Prognose des Patienten verschlechtern.
Die Therapie:
In Abhängigkeit von der Art des Knochentumors stehen unterschiedliche Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Eine Vielzahl der gutartigen Knochenveränderungen bedürfen keiner weiteren Therapie. Bei diesen sog. „no touch lesions“ ist lediglich eine regelmäßige Nachkontrolle notwendig.
In manchen Fällen ist es notwendig, durch eine Entnahme von körpereigenen Knochen gutartige Knochendefekte aufzufüllen und zur Ausheilung zu bringen. Untersuchungen konnten zeigen, dass Stammzellen des Knochens nach der Entnahme überleben und so von ihnen eine Knochenregeneration ausgeht (autologe Zelltransplantation).
Größere Knochendefekten können in unserer orthopädischen Klinik mit der Entnahme eines Teils des eigenen Wadenbeines –das bei Kindern wieder ohne Folgen vollständig nachwächst- oder aus dem Beckenknochen stabilisiert werden.
Zudem besteht bei manchen Knochendefekten die Möglichkeit einer Anwendung von Wachstumsfaktoren zur Knochenregeneration.
Bei bösartigen Knochentumoren ist das Ziel der Behandlung primär die Behandlung der Tumorerkrankung an sich. Dabei ist es wünschenswert bei Extremitätenbefall diese möglichst zu erhalten. Im Rahmen der endoprothetischen, gelenkerhaltenden Versorgung von Tumordefekten können wir auf eine langjährige Erfahrung mit modularen Endoprothesen-Systeme (Baukastenprinzip) verweisen. Hierbei werden die einzelnen Komponenten der Prothese individuell an die bestehenden Gegebenheiten angepasst. Ein weitere Fortschritt in der extremitätenerhaltenden Behandlung besteht in der Verwendung von Wachstumsprothesen, die individuell gefertigt werden und dem wachsenden Skelett angepasst werden können.
Durch aufwendige Rekonstruktionen im Bereich der unteren Extremität, des Beckens und der Wirbelsäule konnte der Anteil an gelenkerhaltenden Operationen in den letzten Jahren weiter gesteigert werden.
Eine zum Erhalt der Funktion exzellente Möglichkeit besteht bei Tumoren des Oberschenkels und des kniegelenknahen Unterschenkels neben der Tumorprothese in der Umkehrplastiken nach Winkelmann. Hier wird nach einer Entfernung des Tumors das Kniegelenk so rekonstruiert, dass eine sportfähige Prothesenversorgung möglich wird.
Es gilt in der Chirurgie von bösartigen Knochentumoren der Grundsatz, dass ein Erhalt des Lebens vor dem Erhalt der Extremität kommt. Ist der Erhalt dieser Extremität aufgrund der Tumorlokalisation nicht möglich, stellt die Amputation den einzigen Weg zur Therapie dar. In der täglichen Zusammenarbeit mit den hiesigen Orthopädietechnikern können individuelle Wege der Prothesenversorgung mit unseren Patienten erarbeitet werden.
Die Therapie des Osteosarkoms erfolgt in enger Zusammenarbeit der verschiedenen Disziplinen des Universitätsklinikums Düsseldorf (UKD). Sie ist eingebettet in das Studienprotokoll „EURAMOS“. Die Behandlung sieht nach einer Chemotherapie eine radikale, möglichst extremitätenerhaltende Operation vor, die mit einer erneuten Chemotherapie abgeschlossen wird. Mit dieser Therapie konnte bei nicht-metastasierten Osteosarkomen ein krankheitsfreies Langzeitüberleben in etwa 60 - 70% erreicht werden.
Das Ewing Sarkom ist eine systemische Erkrankung und bedarf somit einer systemischen Therapie. Studien haben gezeigt, dass die Kombination von Chemotherapie, Operation und Bestrahlung die besten Therapieerfolge bringt. In unserem Zentrum behandeln wir die Patienten nach dem „EURO-E.W.I.N.G 99 Protokoll“. Gerade die Therapie des Ewing-Tumors sollte in einem Zentrum durchgeführt werden, das in der Therapie dieser Erkrankung Erfahrung hat, um die größtmögliche Sicherheit für unsere Patienten zu gewährleisten.
Bei Weichteitumoren im Kindesalter richtet sich die Therapie unserer Patienten nach in Deutschland durchgeführten standardisierten Protokollen. Es handelt sich hierbei konkret um eine Kombination von Operation, Chemotherapie und Strahlentherapie. Aktuell werden die Patienten in das „CWS–2002–P–Protokoll“ eingeschlossen. Der Anteil der Kinder, bei denen der Tumor auf lange Zeit zurückgedrängt werden kann konnte in den letzten 20 Jahren von 20% auf 70% gesteigert werden.
Behandlung von Knochen(mark)ödemen und Knochennekrosen nach Tumortherapie:
Ein weiterer Schwerpunkt unserer Klinik besteht in der Behandlung von Knochenmarködemen und Knochennekrosen nach Chemotherapie. Hierbei werden sowohl nicht-operative als auch operative Behandlungsstrategien verfolgt. Hierzu gehören u.a. die medikamentöse Therapie von Frühstadien des Knochenmarködems mit einem Prostazyklin-Analogon. Ferner stehen für große Defekte sämtliche Möglichkeiten der Endoprothetik wie Totalendoprothesen oder der reine Gelenkoberflächenersatz der Hüfte („resurfacing hip“) zur Verfügung.