Neue Entwicklungen bei Myelodysplastischen Syndromen (MDS)
Liebe Patientinnen und Patienten,
in dieser Ausgabe von „Leukämie Lymphom Aktuell“ möchten wir wieder über neue Entwicklungen in der Diagnostik und Therapie von Patienten mit Myelodysplastischen Syndromen (MDS) berichten.
Inzwischen hat sich die neue Diagnoseklassifikation der WHO aus dem Jahre 2022 durchgesetzt und hat die alte WHO2016 Klassifikation ersetzt. Die wesentlichen Neuerungen sind drei MDS-Typen, die zuvor noch nicht als eigenständige Diagnosen erkannt worden waren. Die erste Gruppe sind MDS mit Myelofibrose, die sich von den anderen MDS im Hinblick auf Blutwerte, Beschwerden und natürlich Therapie unterscheiden. Die zweite Gruppe sind MDS mit hypozellulärem Knochenmark. Diese Gruppe ähnelt den aplastischen Syndromen und kann daher ähnlich wie die aplastischen Syndrome behandelt werden. Um Patienten mit MDS und Myelofibrose und MDS mit hypozellulärem Knochenmark erkennen zu können, bedarf es bei der Knochenmarkpunktion nicht nur einer Untersuchung des flüssigen Knochenmarks, sondern auch der Entnahme und Untersuchung einer kleinen Knochenprobe durch die Pathologie. Unser Partner in der Pathologie des Universitätsklinikums Düsseldorf ist Oberarzt Dr. Seidl, der den Knochen im Hinblick auf Fibrose und Zellularität untersucht und so die Diagnosestellung ermöglicht. Der dritte neue MDS-Typ wird diagnostiziert, wenn eine Mutation des TP53 Gens auf beiden Allelen vorliegt. Auch diese Diagnose kann beim Mikroskopieren der Zellen nicht erkannt werden. In unserem Labor werden neben den Knochenmarkpräparaten unserer eigenen Patienten auch viele Präparate untersucht, die von auswärtigen Ärzten, Krankenhäusern und Unikliniken zu uns geschickt werden.
Für diese Diagnostik ist bei uns in erster Linie Frau PD Dr. Strupp verantwortlich, die von der Deutschen Krebshilfe gefördert alle eingehenden Blut- und Knochenmarkpräparate mikroskopiert und die MDS-Diagnosen stellt oder verwirft. Durch diese zentrale einheitliche Diagnostik wird auch sichergestellt, dass die MDS-Fälle, die ins Düsseldorfer MDS-Register eingetragen werden, möglichst exakt und einheitlich beschrieben werden. Auch die Immunphänotypisierung von MDS-Zellen ist für die Diagnostik hilfreich. Frau OÄ Dr. Nachtkamp hilft hier durch ihre Expertise, die MDS-Fälle von Fällen mit akuter Leukämie abzugrenzen. Frau Dr. Hildebrandt aus dem Institut für Humangenetik am UKD ist weltweit eine der erfahrensten Humangenetiker und erstellt auf dem Gebiet der Chromosomenanalyse die Befunde, die für die MDS-Diagnostik unabdingbar sind. Im Notfall klappt das auch innerhalb von 24 Stunden. Es bedarf also einer gut abgestimmten gemeinsamen Diagnostik verschiedener Expertinnen und Experten: Hämatologie, Pathologie und Humangenetik.
Auch auf dem Gebiet der Therapien hat sich in den letzten Monaten Neues entwickelt. Das Medikament Luspatercept, das bislang nur zur Behebung der Blutarmut bei MDS-Patienten mit Ringsideroblasten und/oder SF3B1 Mutation zugelassen war, kann nun auch bei Niedrig-Risiko-Patienten ohne Ringsideroblasten und ohne SF3B1 Mutation verschrieben werden, sofern keine Vermehrung von Leukämiezellen im Blut und Knochenmark vorliegt. Hierdurch können bei einigen Patienten Transfusionen vermieden werden. In den USA wurde vor wenigen Wochen das Medikament Imetelstat zur Behandlung von Niedrig-Risiko-Patienten mit Blutarmut zugelassen. Die Düsseldorfer MDS-Gruppe kennt das Medikament gut, da wir an der Entwicklung des Medikaments in den klinischen Studien beteiligt waren. Vermutlich wird Imetelstat im kommenden Jahr auch in der EU zugelassen werden, so dass wir den Patienten ein weiteres Medikament anbieten können, das die Blutarmut verringern kann. In unserer Klinik kümmert sich Frau PD Dr. Kündgen um viele Patienten mit MDS. Sie bringt über zwei Jahrzehnte klinische Erfahrung in der Therapie von MDS-Patienten und auf dem Gebiet der klinischen Studien mit.
Prof. Dr. Kobbe, Frau Dr. Nachtkamp und OA Dr. Jäger sind mit ihrem Team in erster Linie für die Betreuung von Patienten verantwortlich, die eine allogene Stammzelltransplantation benötigen. In den letzten Jahren wurden neue Methoden der Transplantation entwickelt, die auch älteren Patienten eine Transplantation und damit eine Chance auf eine Heilung der Erkrankung bietet.
Wir sind den vielen Patientinnen und Patienten sehr dankbar, dass sie uns Daten zu ihrer MDS-Erkrankung und Blut- und/oder Knochenmark anvertrauen. Die Daten dienen dem MDS-Register, um Krankheitsverläufe besser zu verstehen. Die Blut- und Knochenmarkproben werden in der MDS-Biobank aufbewahrt und dienen dem laborexperimentellen Arbeiten an unserer Klinik und mit kooperierenden Forschungseinrichtungen in Deutschland, dem europäischen Ausland und den USA. So konnten im den letzten Jahren wichtige Erkenntnisse zur Bedeutung neuer, bisher noch nicht gut untersuchter Genmutationen der IDH1 und SH2B3 gewonnen werden, die auf der Tagung der Amerikanischen Gesellschaft für Hämatologie in San Diego vorgestellt werden.
Nicht ganz so spektakulär, aber ebenfalls überaus interessant, war das 21. Jahrestreffen der Deutsch-Österreichisch-Schweizer MDS-Gruppe am 18.9.2024 in Düsseldorf. Die Gruppe wurde im Jahre 2001 von acht MDS-Zentren in Düsseldorf gegründet und trifft sich seitdem fast jährlich hier. Auch in diesem Jahr kamen Kliniker und Forscher aus vielen MDS-Zentren, um Daten und Ideen auszutauschen und neue Kooperationen zu verabreden. Noch in diesem Jahr werden zwei neue deutschlandweite Krankheitsregister unter maßgeblicher Beteiligung unserer Klinik entstehen: Das VEXAS-Register, das von Dresden aus geleitet wird, erlaubt Erkenntnisgewinne auf dem Gebiet der Patienten mit Mutation des UBA1 Gens und einem MDS-ähnlichen Krankheitsbild, das durch Beteiligung vieler anderer Organe und entzündliche Veränderungen gekennzeichnet ist. Das CHIP-Register wird Daten und Bioproben von Patienten sammeln, bei denen Genmutationen mit minimaler Ausprägung vorliegen und die (noch) keine MDS-Erkrankung haben.
Die wissenschaftliche MDS-Welt steht also nicht still, denn uns eint die Eigenschaft von unstillbarer Neugierde.
Mit besten Wünschen und Grüßen bis zum nächsten Mal
Ihre unermüdliche Düsseldorfer MDS-Gruppe
Oltober 2024
Myelodysplastische Syndrome (MDS)
Die myelodysplastischen Syndrome (MDS) - auch oftmals als Präleukämie oder oligoblastische Leukämie bezeichnet - gehören zu den leukämieverwandte Erkrankungen, die durch unkontrollierte Teilung von Stammzellen bzw. durch Reifungsstörungen der Blutzellen entstehen und in eine Leukämie übergehen können.
Die myelodysplastischen Syndrome werden in folgende Kategorien unterteilt:
- Refraktäre Anämien (mit Ringsideroblasten, mit Blastenexzeß)
- Chronische Myelomonozytäre Leukämie (CMML)
Referate / Informationen über MDS
August 2015, Prof. Dr. Ulrich GermingNeuigkeiten beim myelodysplastischen Syndrom Aus der Zeitung Leukämie Lymphom Aktuell ansehen
Weitere Informationen finden Sie
- unter dem Menü MDS in der Reihe unserer Informationsabende für Patienten und Angehörige
- im MDS-NET Deutschland e.V.
- bei der DLH unter Rund um die Krankheit > MDS
- im Broschürenangebot der DLH: MDS - Myelodysplastische Syndrome
- im MDS-Register Düsseldorf