Familiäre Thromboseneigung und genetische Risikofaktoren

Familiäre Thromboseneigung („Thrombophilie“)

Bereits seit den 1960er Jahren ist bekannt, dass bestimmte vererbte Abweichungen im Blutstillungssytem Ursache venöser Thrombosen sind. Hierzu zählen angeborene Mangelzustände an Gegenspielern der Gerinnung (Antithrombin, Protein C, Protein S). Solche Defekte verschieben das Gleichgewicht im Hämostasesystem und wirken dadurch thrombosefördernd („prothrombotisch“). In den vergangenen Jahren sind nun weitere genetisch bedingte Veränderungen bestimmter Gerinnungskomponenten identifiziert worden, die wir heute als Risikofaktoren für eine Thromboseneigung betrachten und die das gehäufte Auftreten von Thrombosen in einzelnen Familien erklären.

Genetisch bedingte Risikofaktoren einer Thromboseneigung

Hierbei handelt es sich um Abweichungen („Varianten“ oder „Mutationen“) im genetischen Programm, also in der Erbinformation, bestimmter Gerinnungsfaktoren. Folge derartiger Mutationen ist, dass in den betreffenden Eiweißkörpern ein einzelner Baustein durch einen anderen ersetzt wird, also ein mutierter Gerinnungsfaktor gebildet wird. Mutierte Gerinnungsfaktoren können thrombosefördernd wirken. 1994 wurde ein mutierter Gerinnungsfaktor V als Ursache einer Thromboseneigung, der so genannten Resistenz gegenüber aktiviertem Protein C, identifiziert, übrigens in der holländischen Stadt Leiden, so dass diese Variante von den Wissenschaftlern die Bezeichnung „Faktor V Leiden“ erhielt. Schade übrigens, dass nicht wir diese Variante entdeckt haben; denn sonst hätte man sie „Faktor V Düsseldorf“ genannt – und den Patienten wäre das Missverständnis erspart geblieben, dass „Leiden“ hier nicht für Krankheit, sondern für eine Stadt steht! Inzwischen sind weitere mutierte Gerinnungsfaktoren (Faktor II, Faktor VIII) und mutierte Fibrinolysekomponenten (PAI-1) identifiziert worden, die gleichfalls Ursache venöser Thrombosen sind. Bei solchen genetisch bedingten Mutationen unterscheiden wir einfach betroffene (heterozygote) und doppelt betroffene (homozygote) Merkmalsträger. Ihr Thromboserisiko ist 20- bis 30fach höher als das einfach betroffener Merkmalsträger. Eine sogar bis 100fach gesteigerte Thrombosegefährdung besteht bei Personen, bei denen mehrere genetisch bedingte thrombophile Varianten nebeneinander vorliegen (Kombinationsdefekte).

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