Umkämpfte Erinnerung. Gelehrte in konkurrierenden Gedächtniskulturen zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit
Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Düsseldorf
16.-17. Juni 2021
Ausgehend von der Frage, welchen Mechanismen der Erinnerungstransfer von der Wissenschaft in die Gesellschaft unterliegt, werden erinnerungskulturelle Debatten in den Blick genommen, die zur Neubewertung historischer Persönlichkeiten führ(t)en. Solche Debatten werden ganz maßgeblich geprägt von den gesellschaftlichen Verwerfungen der Kolonialzeit sowie der beiden Weltkriege.
Hierbei interessieren sowohl Benennungsvorgänge von Universitäten, Forschungseinrichtungen oder öffentlichen Einrichtungen und Plätzen nach gelehrten Persönlichkeiten von der Idee bis zur Umsetzung und deren Akteure als auch fachkulturelle Erinnerungsrituale gelehrter Gesellschaften, z.B. durch die Vergabe von Wissenschaftspreisen oder Eponymen.
Zu den multifaktoriellen Begründungsansätzen für Benennungsentscheidungen, zu denen bspw. auch Genderaspekte zählen, spielen zeithistorische Argumente eine wesentliche Rolle, die das Entstehen regelrechter „Benennungskonjunkturen“ erklären können. Insgesamt bestimmen meist gut organisierte, teils miteinander konkurrierende nationale und internationale Erinnerungsnetzwerke die entsprechenden Diskurse.
Der Workshop möchte theoretisch-methodische Ansätze zur Erinnerungskultur, ebenso wie empirische Fallstudien auch im Kontext der allgemeinen Frage von „public understanding of science“ diskutieren, nicht zuletzt vor dem Hintergrund eines partiellen Autoritätsverlustes von Wissenschaftlern und wissenschaftlicher Erkenntnis im populären Diskurs.
Organisation
Thorsten Halling und Anne Oommen-Halbach
Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Kontakt
Thorsten Halling
Telefon: +49 211 81-14940
E-Mail: Thorsten.Halling@hhu.de
Teilnahme-Links (über Webex)
16.06.2021: bit.ly/3gir9eR
17.06.2021: bit.ly/3x4rrwD
Mittwoch, 16. Juni 2021
14:00 Grußwort HEINER FANGERAU
14:15 Einführung ANNE OOMMEN-HALBACH & THORSTEN HALLING
14:30 Keynote
KARL-HEINZ LEVEN (ERLANGEN)
Woran eine Medizinische Fakultät (nicht) erinnern möchte. Das Beispiel Erlangen
15.15 Pause
15:30 Sektion I
Universitäre und Fachkulturelle Erinnerung
Moderation: ANNE OOMMEN-HALBACH
MATTHIS KRISCHEL (DÜSSELDORF)
Gelehrte als Identifikationsfiguren in Medizinischen (Fach-) Gesellschaften. Beispiele
aus Humangenetik, Urologie und Zahnheilkunde
ANNA CORSTEN (MÜNCHEN)
Von Weimar über New York nach Bielefeld – Emigranten erneuern die deutsche und
amerikanische Geschichtswissenschaft
BRIGITTE LOHFF (HANNOVER)
Angekommen in der Geschichte: Die Medizinische Hochschule Hannover zwischen Konstantyn Gutschow und Carl Neuberg
16:30-17:00 Pause
17:00 Sektion II
Erinnerungskulturelle Inszenierung
Moderation: NILS LÖFFELBEIN
SWEN STEINBERG (TORONTO, CAN)
Schenk kommt wieder. Die USA-Reise desdeutschen Gründers der ersten amerikanischen
Forstschule im Jahr 1952 als wissenschaftliche und (geschichts-)politische Inszenierung
THOMAS SCHÜTZ (STUTTGART)
Ferdinand Steinbeis ... oder wie man langfristig erfolgreich Eigenwerbung macht
RICHARD KÜHL (DÜSSELDORF)
Keine Fragen mehr. Die TV-Serie „Charité“ (2019) und die geschichtspolitischen Folgen
Ca. 18:30 Ende
Donnerstag, 17. Juni 2021
9:00 Sektion III
Erinnern im öffentlichen Raum
Moderation: MARIA GRIEMMERT
THOMAS BEDDIES (BERLIN)
Die Robert-Rössle-Straße in Berlin-Pankow. Zum Streit um die ehrende Erinnerung an einen „relativ belasteten“ Pathologen der Berliner Universität in der NS-Zeit
FLORIAN MÜLLER (INNSBRUCK)
„Ploner ist nicht gleich Ploner“ – Ein Nazikomponist, ein Franziskanerpater und die archäologischen Ausgrabungen in der Römerstadt Aguntum 1912/13
SEBASTIAN ENGELMANN (TÜBINGEN) & KATHARINA WEIAND (KARLSRUHE)
Fröbel, Montessori und Co. – Schulnamen im Spiegel der Geschichte der Pädagogik
10:30-11.00 Pause
11.00 Sektion IV
Kampf um Deutungshoheit
Moderation: MATTHIS KRISCHEL
FELICITAS SÖHNER (DÜSSELDORF)
Erinnerungskultur in der mündlichen Geschichtsschreibung – eine Frage von Hegemonien und Deutungshoheit?
TIMO BAUMANN (DÜSSELDORF)
Umbenennung von Wissenschaftspreisen medizinischer Gesellschaften
JULIA NEBE (DÜSSELDORF)
Dissonantes Erinnern – umkämpft, verhandelt, ausgegrenzt: Zahnmedizinerinnen in der
fachkulturellen Erinnerung zum Nationalsozialismus
12:30-13:00 Pause
13:00 Sektion V
Erinnerungsgemeinschaften
Moderation: FELICITAS SÖHNER
GUNNAR MERTZ (WIEN)
Junktimierung von Ehre und Erinnerung in der Geowissenschaft in Österreich: Das Denkmal für Eduard Suess und die Wilhelm von Haidinger-Medaille
STEFAN MICHELS (MAINZ)
Gegenwartsdeutung und evangelische Erinnerungskultur. Ein kirchenhistorischer Zwischenruf zur Niemöller-Debatte
ANNE OOMMEN-HALBACH & THORSTEN HALLING (DÜSSELDORF)
Konkurrierende Erinnerungsgemeinschaften: Die posthume Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels (1972) an Janusz Korczak
14:30 Schlusskommentar
15:00 Ende