Dysgnathie / Fehlbiss

Was ist eine Dysgnathie?

Unter einer Dysgnathie versteht man einen Fehlbiss, bei dem eine Kieferfehlstellung (z.B. ein vorstehender oder zurückliegender Unterkiefer oder Oberkiefer) und eine Zahnfehlstellung ohne regelrechte Verzahnung vorliegt. Die Kieferanomalien können entweder angeboren oder erworben sein. Das Ausmaß des Fehlbisses wird erst beim Kieferschluss deutlich und zeigt sich z.B. durch einen offenen Biss oder dadurch, dass die Oberkieferzähne hinter die Unterkieferzähne beißen statt umgekehrt.

Die Position der Kiefer zueinander und zum Gesichtsschädel hat einen entscheidenden Einfluss auf das Gesichtsprofil. In Abhängigkeit davon, ob die Über- oder Unterentwicklung im Ober- und / oder Unterkiefer lokalisiert ist, resultieren parallel zum Fehlbiss auch unterschiedliche Gesichtsprofile.

Um einen ausgeprägten Fehlbiss dauerhaft zu behandeln, reicht eine rein kieferorthopädische Behandlung mit festsitzenden Spangen oder herausnehmbaren Apparaturen nicht aus. Am Ende der Wachstumsphase wird das Ausmaß der Kieferfehlstellung sichtbar. In den meisten Fällen wird eine kieferorthopädisch-kieferchirurgische Kombinationsbehandlung erforderlich, wobei die kieferorthopädische Vorbehandlung bereits in der Wachstumsphase beginnen kann. Durch die kieferorthopädische Behandlung wird die Zahnfehlstellung durch eine Bebänderung der Zähne korrigiert und durch die anschließende mund-, kiefer- und gesichtschirurgische Operation die Kieferfehlposition behandelt. Hier wird bereits die außerordentlich wichtige, enge Kooperation von Kieferorthopäden und Mund-, Kiefer- Gesichtschirurgen deutlich.

Welche Beeinträchtigungen folgen aus einem Fehlbiss und was sind die Ziele der Fehlbissbehandlung?

Bei Fehlbissen stehen zunächst funktionelle Beeinträchtigungen im Vordergrund: erschwerte Nahrungsaufnahme, erschwerte Mundhygiene durch die Zahnfehlstellung, Fehlbelastung einzelner Zähne und dadurch vorzeitige Lockerung und Verlust. Der nicht ideale Einbau der Kiefer im Schädel kann auch zu einer Fehlbelastung der Kiefergelenke mit der Folge von Kopf-, Nacken- und Rückenschmerzen oder zu dauerhafter Mundatmung führen und so allgemeine Gesundheitsprobleme verursachen. Erschwerte spätere Versorgung mit Implantaten und Zahnprothesen sind mögliche Folgen. Hier ist das Ziel der Fehlbissbehandlung die Wiederherstellung der funktionellen Balance zwischen Kiefergelenken und Kaumuskulatur sowie die Erlangung eines harmonischen Gesichtsprofils. Dabei muss die Langzeitstabilität des Behandlungsresultates sowie eine Verzahnung gesichert werden. Bei ausgeprägten Fehlstellungen können noch zusätzliche Abweichungen (prominentes Kinn, fliehendes Kinn, offener Biss) hinzukommen.

Wie verläuft die Behandlung?

In den meisten Fällen wird Ihnen von Ihrem Kieferorthopäden oder Zahnarzt mitgeteilt, dass bei Ihnen ein Fehlbiss besteht, der allein mit kieferorthopädischen Maßnahmen nicht zu beheben ist, sondern nur mit chirurgischer Unterstützung behandelt werden kann. Dann wird er Sie in unsere Dysgnathiesprechstunde überweisen, um gemeinsam einen Behandlungsplan zu erstellen. Dieser Behandlungsplan wird dann zur Krankenkasse geschickt, die im Falle schwerwiegender Fehlbisse, die kombinierte kieferorthopädische-kieferchirurgische Behandlung übernimmt.

Die gemeinsame Behandlung läuft in mehreren Schritten ab:

Vorbereitende Maßnahmen:

Von chirurgischer Seite kann es erforderlich sein, Weisheitszähne, die im späteren Operationsgebiet liegen, zu entfernen. Manchmal kann auch schon vor der kieferorthopädischen Behandlung ein kleinerer chirurgischer Eingriff, zum Beispiel zur Behebung einer sehr ausgeprägten Enge eines Kiefers, erforderlich werden. Dazu werden Knochenschnitte angelegt, um die Bewegung ganzer Kiefersegmente durch den Kieferorthopäden mittels fest eingesetzter Apparaturen zu gestatten, wie zum Beispiel bei der chirurgisch unterstützten Gaumennahterweiterung.

Die Vorbehandlung liegt in den Händen des Kieferorthopäden

Die Aufgabe des Kieferorthopäden ist es, die Zahnstellung innerhalb der beiden Kiefer durch die Bebänderung der Zähne so zu verändern, dass die Kiefer nach der Operation exakt zueinander passen und der Biss maximal gesichert ist, um so einem möglichen Rückfall in die vorherige Bisslage (Rezidiv) vorzubeugen.

 

Operation in Vollnarkose

Nach Abschluss der Vorbehandlung wird der Kieferorthopäde Sie erneut in unserer Klinik vorstellen. Gemeinsam mit dem Kieferorthopäden wird die Operation anhand der Röntgenbilder, der Kiefermodelle und der Fernröntgenbilder, geplant. Kieferorthopäde und Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurg legen die Zielposition der Kiefer im Schädel und den sogenannten Zielbiss fest.

Es folgt die Operation unter stationären Bedingungen. Hierbei werden in Allgemeinnarkose entweder Ober- und / oder Unterkiefer abgetrennt, verlagert und in der neuen Position mit Titanplatten fixiert. Alle Knochenschnitte werden hierbei von der Mundhöhle aus angelegt. Nach der operativen Verlagerung des Kiefers in die neue Position werden lockere Gummizüge zwischen den beiden Kiefern eingehängt, die die Nahrungsaufnahme (in der Regel flüssige Kost für die ersten Tage) gestatten. In der Regel dauert der stationäre Aufenthalt ca. 5-7 Tage.

Für 6 Wochen nach der Operation dürfen die Patienten nur weiche Kost zu sich nehmen und auch keine schweren körperlichen Anstrengungen unternehmen.

Kieferorthopädische Nachbehandlung

Bereits wenige Wochen nach der Operation kann die kieferorthopädische Nachbehandlung in Angriff genommen werden. Dabei wird der Biss wieder über kleinere Bewegungen der Zähne feinjustiert.

Metallentfernung und ästhetische Korrekturen

Wir empfehlen den Patienten die Entfernung der eingebrachten Metallplatten in einer kleinen Operation nach ca. 6 Monaten. Bei diesem Eingriff, der wiederum mit einem kurzen stationären Aufenthalt verbunden ist, können auch noch profilverbessernde Korrekturen, wie z.B. eine Kinnverlagerung oder eine Nasenkorrektur, vorgenommen werden, um das Gesamtergebnis abzurunden.

Wie Sie aus dem Ablaufplan ersehen können, ist die kombiniert kieferorthopädisch-kieferchirurgische Fehlbissbehandlung eine längerfristige Behandlung, die mindestens 1,5 Jahre dauert.
Da Fehlbisse keine lebensbedrohlichen Erkrankungen sind, müssen die Risiken der Umstellungsoperation besonders sorgfältig abgewogen werden: neben allgemeinen Risiken, die jede Operation betreffen, wie etwa Nachblutung, Schwellung, Wundinfektion und Narbenbildung, müssen bei der Kieferumstellung spezielle Risiken einkalkuliert werden.

Wir stehen gerne zur Verfügung, wenn Sie einen Beratungstermin in unserer Dysgnathiesprechstunde wünschen. Sollten Sie vorher bereits einen Kieferorthopäden konsultiert haben, empfehlen wir, folgende Unterlagen zum ersten Termin mitzubringen:

  • Aktuelle Gipsmodelle von Ober- und Unterkiefer
  • Aktuelle Röntgenbilder von Schädel und Kiefer
  • Evtl. eine Analyse der Fernröntgenseitenbilder
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