Säuglingsfürsorge, ärztliche Stillempfehlungen und Stillverhalten im 20. Jahrhundert

Arbeitsprojekt (Thorsten Halling, Luisa Rittershaus und Jörg Vögele)

“Breastfed children have at least six times greater chance of survival in the early months than non-breastfed children.... But non-breastfed children in industrialized countries are also at greater risk of dying.” So fasst UNICEF auf ihrer Homepage die aktuellen Befunde zum Stillen zusammen.

Die Ursprünge dieser Stillpropaganda liegen in den industrialisierten Ländern des frühen 20. Jahrhunderts und sind eng verknüpft mit dem Aufstieg der Sozialpädiatrie. Während die hohe Säuglingssterblichkeit traditionell als unvermeidbares Schicksal gesehen wurde, lösten sinkende Geburtenraten gegen Ende des 19. Jahrhunderts Befürchtungen aus, dass die Zukunft der Nation in wirtschaftlicher und militärischer Hinsicht nicht mehr gewährleistet sei.

In dem Arbeitsprojekt erfolgt eine systematische wissenschaftsgeschichtliche Aufarbeitung der ärztlichen Ernährungsempfehlungen sowie eine umfassende historische Analyse der Ratgeberliteratur. Um Kontinuitäten und Diskontinuitäten herauszuarbeiten erstreckt sich das Vorhaben zeitlich von den Anfängen der Sozialpädiatrie über die mit nationalsozialistischer Ideologie verbrämten Ernährungsempfehlungen, von der sinkenden Bedeutung des Stillens und dem „Füttern nach Bedarf“ in den 1970er Jahren bis hin zu den steigenden Stillquoten der letzten Jahrzehnte.

Dazu werden (1.) entsprechende Angaben aus einschlägigen Hand- und Lehrbüchern der Kinderheilkunde (auch in Abgrenzung zur Gynäkologie und zur Inneren Medizin) systematisch erhoben und ausgewertet. Ziel ist es herauszuarbeiten, was Experten als Bedarf dieser verletzlichsten Bevölkerungsgruppe galt und welchen Stellenwert diese Thematik in der pädiatrischen Forschung einnahm. Auf der Grundlage dieser wissenschaftlichen Literatur soll dann (2.) ein Sample popularisierender Darstellungen formal (nach Sprache und Bild) und inhaltlich analysiert werden. Grundlage bilden dabei, Schulbücher, Ratgeber, Atlanten und Tafelwerke, Ausstellungen sowie Flugblätter und Aufklärungsschriften. Schließlich soll (3.) die Seite der Mütter gehört werden und ein Licht auf das tatsächliche Stillverhalten geworfen werden, indem autobiographische Zeugnisse (Tagebücher) ausgewertet und – für die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts Mütter verschiedener Generationen befragt werden (Oral History).

Links:
Ausführliche Projektskizze
Pressemitteilung Dezember 2009
Oral-History-Projekt

Kontakt:
Luisa Rittershaus
Institut für Geschichte der Medizin der Heinrich-Heine-Universität
Postfach 10 10 07, 40001 Düsseldorf
Tel.: 0211/81-13940

E-Mail: luisarittershaus@googlemail.com

Internet: www.uniklinikum-duesseldorf.de/medizingeschichte

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