Forschungsprojekt
Neurologie 1945-ca. 1995: Die DGN und die Verselbständigung der deutschen Neurologie
Die Neurologie im deutschen Sprachraum nach 1945 ist von einem vielschichtigen Verselbständigungsprozess, einer starken Technisierung der Diagnostik und zuletzt enorm erweiterten Therapiemöglichkeiten gekennzeichnet. Das Forschungsprojekt beleuchtet diese Entwicklungslinien bis in die 1990er Jahre und schließt dabei an ein früheres Projekt zur Geschichte der Neurologie während des Nationalsozialismus an.
Vertreter der deutschen Neurologie und ihre Institutionen haben in ihren Bemühungen um eine Verselbstständigung und Konturierung des Fachs mit Hilfe von Festschriften, (auto-) biographischen Beiträgen, Gedenkritualen und Erinnerungsorten ein fachkulturelles Gedächtnis etabliert. In den Jahren 2023/24 durchgeführte Oral-History-Interviews erweitern dieses um aktuelle Perspektiven.
Die Entwicklung der deutschen Neurologie nach 1945 zu einem eigenständigen Fach geht grundlegend über eine Spezialisierung aus der Inneren und der Psychiatrie hinaus. Die Analyse der Institutionalisierung erfolgt anhand der klassischen Indikatoren für eine Fachverselbständigung (u.a. Facharzt, Fachzeitschriften, Fachgesellschaften, Kongresse, Lehrstühle und Kliniken, Lehr- und Handbücher).
Neurologische Krankheitsentitäten wurden in der Nachkriegszeit in einem teilweise noch andauernden Aushandlungsprozess (neu) definiert. Die Entwicklung in Deutschland folgte dabei vor allem internationalen Vorbildern (WHO-Konsensuskonferenzen etc.). Beispielhaft werden die Definitionsprozesse die häufigsten neurologischen Erkrankungen nachgezeichnet. Die Weiterentwicklung neurophysiologischer und bildgebender Verfahren beeinflusste die diagnostischen Fortschritte neurologischer Diagnostik in besonderem Maße. Im Mittelpunkt stehen daher in diesem Konext die Technik und ihre Affordanz. Krankheitsbezogen werden beispielhaft diagnostischen Verfahren untersucht. Die Weiterentwicklung neurophysiologischer und bildgebender Verfahren beeinflusste die diagnostischen Fortschritte neurologischer Diagnostik in besonderem Maße. Krankheitsbezogen werden beispielhaft diagnostischen Verfahren untersucht.
Übergreifend werden intellektuelle und soziale Netzwerke (u.a. „Schulen") in der deutschen Neurologie nach 1945 (re-)konstruieret. Hierbei wird angeschlossen an früheren Überlegungen zu Kontinuitäten und Brüchen. Dazu gehört auch die nicht problemlose „Re-Internationalisierung" der deutschen Neurologie. Ferner sollen deutsch-deutsche Verbindungslinien bis hin zur Wiedervereinigung nachgezeichnet und die Anerkennung der deutschen Neurologen im deutschen und internationalen Kontext untersucht werden.
Projektleiter:
Prof. Dr. Heiner Fangerau, Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Prof. Dr. Axel Karenberg, Institut für Geschichte und Ethik der Medizin der Universität zu Köln
Projektbearbeiter:
Thorsten Halling, M.A. (2024-2026)
PD Dr. Felicitas Söhner (2023-2024)
Laufzeit:
2023-2026
Projektförderer:
Deutsche Gesellschaft für Neurologie
Kontakt: thorsten.halling@hhu.de