UniCareD: Kompetenz und interdisziplinäre Betreuung – spezialisiert auf die Kryokonservierung von Keimzellen und Keimgeweben zum Fruchtbarkeitserhalt bei keimzellschädigenden Erkrankungen und Therapien

Liebe Patientin, 

bei Ihnen wurde eine Erkrankung festgestellt, die in nächster Zeit mit einer hochwirksamen Therapie (Chemo-, Immunotherapie und/oder Bestrahlung) behandelt werden muss.

Im Gegensatz zu den männlichen Keimzellen, welche stets durch Stammzellen neu gebildet werden, befinden sich Ihre Keimzellen als fest limitierter Pool von Primordialfollikeln bereits zum Zeitpunkt der Geburt in den Eierstöcken und sind zum jetzigen Wissenstand auch nicht natürlich erneuerbar. Ist eine Therapie mit einer bekannten Schädigung von Keimzellen notwendig, dann besteht ein erhebliches Risiko der Einschränkung bis hin zum vollständigen Verlust Ihrer Fruchtbarkeit sowie dem Erliegen Ihrer körpereigenen Sexualhormonproduktion. Das genaue Ausmaß der Beeinträchtigung Ihres Eierstockgewebes ist allerdings nicht exakt vorhersagbar und hängt im Einzelfall von verschiedenen Faktoren ab, wie z. B. Ihrem Alter zum Behandlungszeitpunkt, Ihrer Eierstockreserve und dem zur Behandlung eingesetzten Medikamententyp und/oder im Fall einer Bestrahlung von der Bestrahlungsart und -dosis.

In den letzten zwei Jahrzehnten wurden verschiedene Behandlungsansätze erfolgreich entwickelt, um die Chancen auf den Erhalt Ihrer Fruchtbarkeit auch nach keimzellschädigender Therapie zu verbessern. Im Folgenden möchten wir Ihnen dazu noch genauere Informationen geben.


Kryokonserveriung von befruchteten/unbefruchteten Eizellen

Prinzipiell besteht bei Patientinnen im geschlechtsreifen Alter die konventionelle Möglichkeit, eine hormonelle Stimulation der Eierstöcke mit anschließender Gewinnung der Eizellen durchzuführen, um diese dann einzufrieren. Zieht man die aktuellen Erfolgszahlen dazu aus Cobo A et al., 2018 heran, dann zeigen sich für die Kryokonservierung unbefruchteter Eizellen mittels dem "state of the art"/ultraschnellem Einfrierverfahren (Vitrifikation) Überlebensraten nach Kryokonservierung/Auftauen von 80-95%, klinische Schwangerschaftsraten nach ICSI (intrazytoplasmatischer Spermieninjektion) pro Embryotransfer im Durchschnitt von 30% (10-59%) und eine kumulative Lebendgeburtenrate von im Durchschnitt 33% (6-62%). Die Erfolgsraten (insbesondere die Lebendgeburtenraten pro Eizelle) korrelieren streng mit dem Alter. Patientinnen ≤35 Jahre erzielen bessere Ergebnisse als Ältere, zumal im fortgeschrittenen Alter neben Anzahl der zu gewinnenden Eizellen, aufgrund der altersbedingten Reduktion der Eierstockreserve, auch die Qualität der Eizellen sinkt (Liebenthron J et al., Gynäkologe 2018).

Bei der Kryokonservierung von befruchteten Eizellen liegt die klinische Schwangerschaftsrate nach den aktuellen Erfolgszahlen des DIR (Deutschen IVF-Registers) bei 31,3% (nach IVF) und 29,7% (nach ICSI) - siehe Seite 23, DIR Jahrbuch 2020, 18. Jahrgang 2021. Um allerdings stets die Unabhängigkeit der Frau zu bewahren, wird beim Wunsch der Kryokonservierung in einer festen Partnerschaft ein Befruchtet-Unbefruchtet-Splitting empfohlen. 

Vorbereitend für eine Kryokonservierung von unbefruchteten/befruchteten Eizellen muss eine Stimulation der Eierstöcke erfolgen, die damit auch den Beginn der Chemotherapie und/oder Bestrahlung um ca. zwei bis drei Wochen verzögert. Dies ist nicht bei jeder Erkrankung möglich. Hinzu kommt, dass die Hormonbehandlung der Eierstöcke zusätzlich bei einigen Erkrankungen die Heilungschancen verschlechtern kann, so dass die Gewinnung von Eizellen zur Kryokonservierung nur in Einzelfällen bzw. nur bei bestimmten Erkrankungen empfohlen wird (lesen Sie hier bitte mehr in Liebenthron J et al., Gynäkologe 2018).

Haben Sie weitere Fragen zur Kryokonservierung von Eizellen, wünschen Sie eine individuelle Beratung zum Fertilitätserhalt, dann kontaktieren Sie uns bitte hier.


Kryokonservierung von Eierstockgewebe

Neben der Gewinnung von Eizellen besteht die Möglichkeit, vor Beginn der geplanten Behandlung im Rahmen eines kleineren operativen Eingriffs (Bauchspiegelung) noch unbeschädigtes Eierstockgewebe zu entnehmen und für eine spätere Verwendung einzufrieren. Dies umfasst in der Regel die einseitige Entnahme eines oder eines Teils des Eierstocks. Wieviel Eierstockgewebe entnommen werden kann, ist abhängig von der Größe und Lage der Eierstöcke und wird im Einzelfall während der Operation entschieden. Über die im Rahmen dieser Operation möglichen Risiken werden Sie gesondert informiert.

Das entnommene Eierstockgewebe wird dann von hochspeziell ausgebildeten Biologen steril in einer Reinraumanlage des ITZ, auf Basis des AMG (Arzneimittelgesetz) und auf der Grundlage des EU-GMP (Good Manufacturing Practice)–Leitfadens, für das Einfrieren vorbereitet. Um später eine möglichst umfassende Behandlung zu ermöglichen, wird das Gewebe in mehreren Einzelportionen eingefroren. Das Einfrieren erfolgt nach der derzeitig in der Wissenschaft anerkannten Standardmethode, dem langsamen Einfrierverfahren (das sogenannte Slow Freezing). Nach dem Einfrieren kann das Gewebe unbegrenzt gelagert werden und im Falle eines vorzeitigen Eierstockfunktionsverlustes nach Bewältigung der Erkrankung und bei einem Kinderwunsch in Einzelportionen wieder aufgetaut und auf den noch vorhandenen Eierstock oder in eine Bauchwandtasche nahe der Eierstöcke/zugehörigen Fimbrientrichter zurück übertragen werden (transplantiert).

Die ovarielle, endogene Hormonfunktion kann dann zunächst per se in 85 bis 90% aller Fälle mit Hilfe der Transplantation partieller Gewebestückchen wiederhergestellt werden. Bis die transplantierten Eierstockgewebestückchen Zeichen der Wiederaufnahme ihrer Funktion aufweisen, dauert es ca. 2 bis 6 Monate. Eine daraus resultierende Spontanschwangerschaft kann angestrebt werden, wenn die Eileiter offen sind und keine anderen relevanten Sterilitätsfaktoren vorliegen (z.B. auch beim Partner). Zur Erhöhung der Konzeptionswahrscheinlichkeit kann zusätzlich ein sogenanntes Zyklusmonitoring mit Ovulationsinduktion durch das Hormon HCG (kontrolliertes Auslösen des Eisprungs) im Rahmen eines Geschlechtsverkehrs zum optimalen Zeitpunkt angeboten werden. Bei nicht mehr vorhandenen oder verschlossenen Eileitern bzw. anderen Sterilitätsfaktoren müssen Techniken der assistierten Reproduktionsmedizin (IVF; ICSI) angewandt werden.
Nach einem Jahr sind ca. zwei Drittel der Transplantate noch hormonell aktiv. Die Gewebetransplantate, die aus einem Eierstock mit initial guter Aktivität entnommen wurden (gemessen am Anti-Müller Hormon im Blutserum, dem antralen Follikelcount im Ultraschall und der Anzahl primärer und primordialer Follikel in Referenzbiopsien des zu kryokonservierenden Eierstockgewebes), sind meist über mehrere Jahre aktiv. Die mittlere Dauer ihrer Funktion nach Transplantation beträgt im Durchschnitt 4 bis 7 Jahre - ist jedoch abhängig von den oben genannten Faktoren vor Therapieantritt sowie dem Alter der Patientin zum Entnahmezeitpunkt. Zeigen sich ca. ½ Jahr nach Transplantation keine Aktivitätszeichen, sollte eine weitere Transplantation kryokonservierten Eierstockgewebes erwogen werden, genauso wenn ein Abfall der Aktivität der bereits transplantierten Stückchen zu verzeichnen ist und bis dahin noch keine gewünschte Schwangerschaft eingetreten ist. Pro Versuch werden in der Regel drei bis sechs Stückchen mit einer Größe von ca. 4x8x1 mm3 zurückgegeben (die genaue Anzahl wird anhand der o.g. Ausgangsfaktoren kalkuliert). In der Regel können für jede Patientin mindestens 10 Stückchen präpariert und einzeln weggefroren werden - eine Anzahl, die sich in etwa aus einem halben entnommenen Eierstock ergibt. (Quelle: Beckmann MW et al., GebFra 2018)

Zusätzlich werden neben dem Fruchtbarkeitserhalt vorzeitige Wechseljahrserscheinungen nach der keimzellschädigenden Therapie gemildert, ohne die Zugabe von künstlichen Hormonersatzpräparaten.

Nationale und internationale Veröffentlichungen aus dem Jahr 2018 sowie die aktuelle S2k-Leitlinie zum Fertilitätserhalt (AWMF-Registernummer:015/082) legen sich damit im Bereich Kryokonservierung von Eierstockgewebe zum Fertilitätserhalt auf folgenden Aussagen fest:

  • „Die Kryokonservierung von Eierstockgewebe ist eine anerkannte und etablierte Methode, um die Fertilität nach der Behandlung der Krebserkrankung wiederherzustellen."
  • „Die Kryokonservierung von Eierstockgewebe kann unabhängig vom Zyklus erfolgen und führt zu keiner relevanten Verzögerung der onkologischen Therapie."

Der Übernachttransport des Gewebes, der bei der Zusammenarbeit von FertiPROTEKT-Zentren mit einer zentralisierten FertiPROTEKT-Kryobankinstitution erforderlich ist, zeigte ebenfalls absolut keinen Nachteil hinsichtlich der Erfolgsraten. Die Effektivität scheint einzig und allein von einer hochqualitativen und standardisierten Technik (sowohl apparativ als auch im trainierten Handling), insbesondere den optimalen Medienkomponenten, abhängig zu sein. Lesen Sie mehr dazu in Liebenthron J et al., Journal Reproductive BioMedicine Online 2019.

Auch eine Induktion der Pubertät ist nach der Transplantation von kryokonserviertem Eierstockgewebe präpubertärer Patientinnen möglich, was als Besonderheit und Alleinstellungsmerkmal bei dieser fertilitätserhaltenden Maßnahme besonders hervorzuheben ist. 

Eine Rückverpflanzung (Transplantation) von Eierstockgewebe in den Körper ist generell nur dann möglich, wenn eine gleichzeitige Rückübertragung von bösartigen Zellen der primär vorliegenden Erkrankung weitgehend ausgeschlossen werden kann. Diese Entscheidung muss im Einzelfall und unter Berücksichtigung der mikroskopischen Begutachtung eines Teils des eingefrorenen Eierstockgewebes getroffen werden. 

Sollte eine Transplantation des kryokonservierten Eierstockgewebes notwendig sein, dann kann anhand aktuell vorliegender Zahlen folgende Erfolgswahrscheinlichkeit bescheinigt werden (Auszug aktuelles Deutsches IVF-Register Jahrbuch 2020, Seite 46/47: https://www.deutsches-ivf-register.de/perch/resources/dirjb2020-2de.pdf).

Bis 12/2019 wurden im FertiPROTEKT-Netzwerk und damit in Deutschland, Österreich und der Schweiz Ovarteilresektate von 3982 Patientinnen kryokonserviert und gelagert. Bis dahin haben zudem seit 2007 247 Transplantationen bei 200 Patientinnen stattgefunden, was eine Abrufrate analog zu kryokonservierten Oozyten von 6,5% darstellt. 

Die durchschnittliche Schwangerschaftsrate lag bei den veröffentlichten Daten zu allen durchgeführten Transplantationen bei 28,8% pro durchgeführter Transplantation und 28,0% pro Patientin, die Lebendgeburtenrate bei 19,0% pro durchgeführter Transplantation und 21,0% pro Patientin.

Vergleicht man diese durchschnittlich erzielten Schwangerschaftsraten von allen stattgehabten Transplantationen mit der Patientinnengruppe (Anzahl Patientinnen n=101), in welcher ausschließlich Gewebe transplantiert wurde (Anzahl Transplantationen n=127), welches vor Kryokonservierung einen Übernacht-Transport erfahren hat (Transportdauer bis zu 22 Stunden), dann ist keinerlei Einschränkung bezüglich einer solchen Organisationslogistik nachzuweisen und die Raten verhielten sich wie folgt:

Die durchschnittliche Schwangerschaftsrate lag verbessert bei 33,1% pro durchgeführter Transplantation und 32,7% pro Patientin, genauso die Lebendgeburtenrate mit 22,8% pro durchgeführter Transplantation und 25,7% pro Patientin.

Betrachtet man diese durchschnittlichen Erfolgsraten aller stattgehabten Transplantationen in unterschiedlichen Altersgruppen, dann wurde in der Patientinnengruppe ≤ 33 Jahre eine durchschnittliche Schwangerschaftsrate von 40,2% pro durchgeführte Transplantation und 39,2% pro Patientin erzielt und in der Patientinnengruppe ≥ 34 Jahre um 50% gemindert eine durchschnittliche Schwangerschaftsrate von 19,0% pro durchgeführte Transplantation und 16,7% pro Patientin. Auch die Lebendgeburtenraten verhielten sich ähnlich: 29,5% pro durchgeführte Transplantation in der Patientengruppe ≤ 33 Jahre vs. 5,9% pro durchgeführte Transplantation in der Patientengruppe ≥ 34 Jahre und 30,9% pro Patientin in der Patientengruppe ≤ 33 Jahre vs. 6,8% pro Patientin in der Patientengruppe ≥ 34 Jahre.

Die spontane Konzeptionsrate betrug bei allen durchgeführten Transplantationen 64,8%, in 35,2% erfolgte die Konzeption nach ART-Maßnahmen. 

Lesen Sie auch bitte hier leitliniengetreu weiter zur Kryokonservierung von Eierstockgewebe.

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